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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Posener, Julius: Wohnräume von Hermann Zwigenthal
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0121

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INN EN-DE KOR ATI ON 107

Das »Selbstverständliche« Zweigenthals ist doch
noch recht auffällig. Er mag sich darauf berufen, daß
ein verbildetes Publikum nichts so sehr bestaunt wie
das Normale; aber wir müssen doch zugeben, daß in
den übermäßig hingestreckten Formen der Möbel, in
der beinartigen Zerbrechlichkeit mancher Stühle und
Tische, die noch gesteigert erscheint durch pfosten-
breite Hölzer anderer Möbel in demselben Raum, in
der nervösen Art, wie etwa Hölzer leicht ausgekehlt
sind, überschlanke Stäbe, kreuzweis verstrebt, ein
Tischchen zusammenhalten (Abb. S. 105), daß in all-
dem immerhin ein sehr eigenwilliges künstlerisches
Benehmen liegt.

Gleichwohl ist in dieser Ästhetik nichts von Zeich-
nerei und Spiel mit Farben, von Ornament verschie-
dener Kuben und Ebenen, von »dynamischer« oder
»klassischer« Raumbindung. Es ist immer das Ein-
zelne, das »Ding selbst«, das anziehend wirkt. Holz
hat bei Zweigenthal das ganz Bestimmte, Holzhafte,
— ob es nun gerader Stab ist oder schwellende Lehne —
etwas Griffiges, das die Hand zum Nachfühlen reizt.
Und noch eine Eigenschaft: diese Wohnungen sind

gut. Was dabei besonders auffällt, sind sogar Eigen-
schaften, die man in anderen Interieurs der letzten
Zeit, scheint mir, nicht noch einmal findet. Und dabei
sind sie doch erst nur Versprechen, Möglichkeiten:
ja, es sind unfertige Stellen in diesen Wohnungen, es
gibt Ungelöstes hier und dort — und eben dieses im
letzten doch Unraffinierte, Anfängliche ist es, was
am meisten Freude und Hoffnung macht.



Zu den Abbildungen auf Seite 104 und 105:

Sehr geschickt ist die ursprüngliche schlechte Pro-
portion des Fensters durch das Blumenfenster
aufgehoben. Dadurch ist der obere Teil des Fensters
architektonisch ausgeschaltet. — Die Tischplatte
aus Glas ist eines der heikelsten Einrichtungs-
stücke: nur in sehr wenigen Fällen wird sie so »kom-
poniert«, daß sie nicht einen leeren, toten Fleck im
Zimmer bildet. In diesem Fall ist ihre Einfügung
völlig gelungen, ohne daß damit die besondere
Material- (oder Immaterial-) Eigenart des Glases
irgendwie abgeschwächt wurde. Julius posener.
 
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