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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Mayreder, Friedrich: Die Wohnung eines Wiener Arztes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0277

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INNEN-DE KOR ATI ON

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SIEGFRIED THEISS - HANS |AKSCH »VORRAUM« WOHNUNO EINES ARZTES

DIE WOHNUNG EINES WIENER ARZTES

Es ist noch nicht lange her, da war jedes Möbelstück
eine künstlerische Konfession, sein Dasein ge-
wann über Zweck und Aufgabe hinaus ein bisweilen
fast drohendes Eigenleben, das freilich nur kurz war.
Denn die von Adolf Loos gestellte Forderung, daß
jeder Gegenstand solange formal lebendig und erträg-
lich bleiben müsse, wie seine physische Lebenszeit
währt, wurde von diesen anspruchsvollen Gegenstän-
den nicht erfüllt: ihre ästhetische Erträglichkeit war
oft erschreckend kurz.

Heute wissen wir wieder, daß es vor allem die Auf-
gabe der Möbel ist, den Menschen zu dienen, wie
alle von ihm geschaffenen Dinge. Ihre formale Unter-
ordnung unter den Gebrauch ist unerläßlich.

Das trifft auf die Möbel der hier gezeigten Woh-
nung eines Wiener Arztes in besonderem Maße zu.
Sie sind durchaus bemüht, ihre Gestalt aus der
Funktion herzuleiten. Ihre Urheber erschrecken nicht,
wenn sich hierbei Formen ergeben, die von histo-
rischen Möbeln her bekannt sind, sie scheuen aber
auch nicht zurück vor neuen Gestaltungselementen,

ohne ihnen um ihrer selbst willen nachzuhängen.
Diese Gesinnung erscheint uns wichtig. Denn zuletzt
ist das ängstliche Vermeiden alles dessen, was irgend-
wie als historisch verdächtig ist, genau so ein Zeichen
innerer Unfreiheit, wie die sklavische Nachahmung
der Stile, die das neunzehnte Jahrhundert geübt hat.
Damit soll keinem sogenannten Mittelweg das Wort
geredet werden, keinem Kompromiß: sondern nur
ehrlicher Sachlichkeit, die leider, wie wir alle wissen,
zu einem üblen Schlagwort geworden ist.

Und noch eines will an diesen Möbelstücken her-
vorgehoben werden: das »naturgewachsene Orna-
ment«, das durch Jahre jede klare Form der Möbel
gesprengt hat, bleibt in seinen natürlichen Grenzen.
Denn so wie die Gestalt dem Gebrauch Untertan sein
muß, so das Holz und seine Zeichnung der Gestalt.

Diese Möbel mußten in die verhältnismäßig kleinen
Räume eines eben fertiggestellten großstädtischen
Miethauses eingefügt werden. Ist in den vom Archi-
tekten selbst gestalteten Räumen eines Landhauses,
ebenso wie bei den zu typischen Lösungen gelangten
 
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