Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 25.1911

DOI Artikel:
Martin, K.: Ueber die naturgetreue Abbildung in der Photographie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44943#0035

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lieber die naturgetreue Abbildung in der Photographie.

19

nicht streng ähnlich nach mathematischen Begriffen sind, da sie
auch durch entsprechende Vergrößerung oder Verkleinerung
nicht genau miteinander zur Deckung gebracht roerden können.
Und ebenso bekannt ist, daß das erzeugte Bild auch nur dann
mieder einen naturroahren Eindruck macht, wenn man es aus
dem Punkte betrachtet, den bei der Aufnahme das Objektio in
bezug auf die mattscheibenebene innehatte.
Praktisch formuliert man diese Bedingung gewöhnlich dahin-
gehend, daß man das fertige Bild stets aus einem Abstand be-
trachten müsse, welcher der Objektiubrennmeite gleichkommt.
In Wirklichkeit gilt diese Regel nur für die Aufnahme entfernter
Objekte; bei Abbildung nahegelegener Gegenstände muß man
natürlich an Stelle der Brennmeite die sogen. Vereinigungsmeite
wählen, die oon der eingestellten Objektentfernung abhängig ist.
Aber auch mit Erfüllung dieser Forderung ist die natur-
getreue Abbildung durchaus noch nicht gewährleistet; bei den
obigen Betrachtungen ist eigentlich nur oon der Winkeltreue
die Rede, und stillschweigend ist die Vorausseßung gemacht, daß
sowohl das Objektio wie das Auge eine unendlich kleine Ein-
trittspupille, eine punktförmige Oeffnung aufweisen, was in
praxi kaum jemals annähernd der 5all ist.
Daß dieser Umstand gelegentlich die Aaturtreue einer Auf-
nahme erheblich beeinträchtigen kann, läßt sich an einem krassen
Beispiel leicht zeigen.
Wenn man ein räumliches Gebilde oon großer Tiefenaus-
dehnung, beispielsweise einen Blumenstrauß oon etwa 50 cm
Durchmesser, mittels einer Objektiobrennweite oon 70 cm und
einer relatioen Oeffnung f\7 aus etwa 2 m Abstand photo-
graphiert, so wird das fertige Bild auch dann noch keinen
naturwahren Eindruck machen, wenn man es aus der theoretisch
richtigen Entfernung betrachtet; denn auf dem Bilde wird oon
dem Blumenstrauß nur ein geringer, der gewählten Einstellebene
entsprechender Teil einigermaßen scharf erscheinen, während
die oor- oder zurückliegenden Blätter und Blumen unscharf er-
scheinen werden, die oorderen so unscharf, daß man ihre
wahre §orm kaum noch erkennen kann. Betrachtet dagegen
das Auge direkt den Strauß aus 2 m Abstand, so erblickt es
denselben in allen seinen Teilen genügend scharf, auch wenn
man oon etwaiger Akkommodation absieht; das Auge besißt eben
oermöge seiner kleinen Brennweite und Oeffnung eine ganz be-
deutend größere Tiefe als das langbrennweitige Objektio mit
weiter Oeffnung.
Zwar ist auch diese Erscheinung Praktikern bekannt ge-
wesen und oon diesen stets nach ITlöglichkeit berücksichtigt
worden, an einer gründlichen Untersuchung dieser Dinge unter
2*
 
Annotationen