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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 25.1911

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Wolf-Czapek, Karl W.: Photographisch-physiognomische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.44943#0115

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Photographisch - physiognomische Studien.
Photographisch - physiognomische Studien.
Von K. W. Wolf-Czapek in Berlin.
Die Photographie in den Dienst der Physiognomik zu
stellen, wurde schon mehrfach uersuchf; eine der wirkungs-
vollsten Eeistungen auf diesem Gebiete sind wohl die non
Professor P. Bowditch, Boston, hergestellten Durchschnitts-
typen nach Galton, die er auf der Internationalen Photo-
graphischen Ausstellung, Dresden 1909, in der Gruppe „Anthro-
pologie“ ausgestellt hatte. Solche Bilder lassen sich in der
Weise herstellen, daß mit entsprechend kurzer Exposition bei
•ganz genau gleicher Kopf- und Apparatstellung eine Reihe oon
Aufnahmen uerschiedener Personen auf die gleiche Stelle einer
Platte gemacht wird; einfacher gestaltet sich das Verfahren,
wenn man zunächst bei ganz gleicher Stellung Einzelaufnahmen
der betreffenden Personen macht und dann die erhaltenen Bilder
übereinander reproduziert. Die Exposition muij bei jeder der
Teilaufnahmen natürlich entsprechend kurz sein, damit das
schließlich resultierende Aegatio nicht in einer zu starken Ueber-
exposition alle Details oerschwindcn läßt. Auf diese Weise
stellte Bowditch z. B. ein Kombinationsbild aus den Bildern
oon zwölf sächsischen Soldaten germanischen Ursprungs her
und ein zweites Durchschnittsbild aus zwölf Aufnahmen
.sächsischer Soldaten wendischen Ursprungs und kombinierte
dann das Ergebnis beider Serien. Die erste dieser Serien geben
wir umstehend in ?ig. 25 wieder.
Es wäre uerfehit, wenn man die auf diesem Wege er-
haltenen Resultate Überschüßen würde; das entstandene Bild
addiert zwar die bei allen einzelnen Indiuiduen oorfindlichen,
demnach für ihre Gesamtheit typischen ITlerkmale, während alles,
was die Einzelnen als Indiuiduen charakterisiert, uersch windet;
auf diesem Wege kann aber auch ein ganz ausdrucksloses
Durchschnittsgesicht entstehen, da ja auch innerhalb der typischen
ITlerkmale solche Variationen auftreten, daß sie sich zum Teil
nicht addieren, sondern gegenseitig Derwischen. Auch Don der
Auswahl der zu dem Versuch oerwendeten Jndiuiduen hängt
das Resultat stark ab; wenn ich mir einmal in meiner Vor-
stellung ein Bild eines bestimmten Typus geschaffen habe und
nun ihm entsprechende Indiuiduen auswähle und ihre Bilder
kombiniere, so habe ich einen circulus uitiosus gemacht, denn
das photographisch erzielte Resultat wird mir eben wiederum
jenes Bild zeigen, uon dem ich ausging. Dieses Bedenken kann
man auch den sehr interessanten Typenbildern gegenüber, die
ein anderer Amerikaner, Howland, geschaffen hat, nicht unter-
drücken; er nennt diese Bilder „Psyche“ des betreffenden Typus,
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