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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Gedanken des Rembrandtdeutschen: [Rezension]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0340

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trum; ein solches kann ihnen nur zukommen Rembrandt innerhalb der Malerei einen neuen

aus einer Neubelebung des deutschen Volks- Stil geschaffen; so allein kann auch innerhalb

geistes und einer Neugestaltung der deutschen der heutigen deutschen bildenden Kunst ein

Volksbildung. — neuer Stil entstehen; Vorschriften, Experi-

* * mente, Muster von außen her helfen zu nichts.

„ . ,. . . , * ., ... . . Aus irgend welchem alten Stil neue Geistes-

Notwendigkeit und Freiheit lassen sich kunst- . ~____.___, . „ , , ^ ,

, . , 6 . .... ... • , Strömungen herleiten zu wollen, heißt den Gaul

lensch so gut wie politisch versöhnen; wie denn . . c ?_____ ' ,

,. „ & , . j n .■ j Deim Schwanz aufzäumen. Renaissance und

die Kunst stets am besten da gepflegt wird, wo ^ ... „„A ,__•„, ... . . .

. !, Gotik, Rokoko und Japanisches wirbeln letzt

man sie nicht aus rem ästhetischen, sondern . ~ V . . . . , . J

', „ '. , . , . '.„ i in Deutschland durcheinander; von einem deut-

aus Gründen des nationalen Selbst- und Hoch- , c... . . . , „ ! .

f~l sehen Stil ist nichts zu sehen; wenn auch

getuhls .ordert. öf[ers zu hören_ Man vergjßt: daß der Geist

* eines Volkes seine Bedürfnisse und die Be-
Naturdarstellung ohne Idee ist nicht viel dürfnisse eines Volkes seinen Stil regeln; der

besser, als Ideendarstellung ohne Natur. moderne deutsche Geist aber will erst geweckt

Von Rechts wegen darf der Künstler nur so- sein; er schläft noch. Nur aus der Erde kann

viel Naturstudium in sein Werk legen, als er ein Baum entwachsen; nur aus Individualis-

ihm an Ideengehalt ausgleichend gegenüber- mus kann sich Stil entwickeln. — —
zusetzen hat; legt er mehr Naturstudium hin- Die alten Künstler hatten Stil, weil sie ihn

ein, so gibt er damit nur tote Natur; also Still- nicht suchten und weil sie selbst — Persön-

leben, nature morte, wie letzteres die Fran- lichkeit hatten. Man strebt heute stets da-

zosen bezeichnenderweise nennen. nach, „stilgerecht" zu sein; man sollte viel-

4 , mehr danach streben, „stilvoll" zu sein; denn

• stilgerecht ist diejenige Tätigkeit, welche dem
Die große Frage des Tages, ja des Jahr- durch fremde oder frühere Stile vorgeschrie-

hunderts auf dem Gebiet der Kunst heißt: benen Rezept „gerecht" wird; stilvoll hingegen
wie bekommen wir einen neuen Stil? Der ist jene Tätigkeit, welche selbst Stil hat und
gesunde Menschenverstand und die vergan- desselben „voll" ist. Das Streben nach Kor-
gene Kunstgeschichte beantworten diese Frage rektheit kann oft sehr verderblich wirken. Es
in gleicher Weise: neue Geistesströmungen, gibt auch ein neues Testament der Kunst; in
welche aus der Tiefe der Volksseele hervor- ihm wird das Gesetz — des Stils — nicht auf-
steigen müssen, werden durch neue sinnliche gehoben, sondern erfüllt; wie Liebe mehr als
Formen, die sich jenen unwillkürlich anbilden, Gerechtigkeit, so ist das Leben mehr als Kor-
ihren handgreiflichen Ausdruck finden. So hat rektheit. — — —

GEORG BROEL "'f™ EXLIBRIS (RADIERUNG)

Die Kunst für Alle XXX.

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