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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 30.1914-1915

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Bode, Wilhelm von: Hoffnungen und Aussichten für die deutsche Kunst nach dem Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.13093#0363

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gestalten, die am Sockel der Statue oder Büste teilhaft vor den meisten Monumenten dieser
oder gar am Grabe des Verewigten lagern oder Art auszeichnen. Das eine Monument hatte die
sich winden und Tugenden oder Genien vor- Stadt Glogau dem Prof. Walter Schmarje zur
täuschen sollen, sind regelmäßig ebenso un- Erinnerung an die Freiheitskriege aufgegeben,
passend und vielfach widerlich wie die bru- Schmarje hat dafür in sehr glücklicher, aus-
talen nackten männlichen Figuren, für die Rodin drucksvoller Weise die einfache Figur eines
das Vorbild abgegeben hat. Trommlers in der preußischen Uniform der Zeit

Der Krieg, allerdings nicht der jetzige, hat gewählt, der lebhaft voranschreitend, die Trom-
die Veranlassung zu zwei Denkmälern gege- mel zum Werben oder zum Kampf rührt; eine
ben, die sich in Erfindung und Ausführung vor- wirkungsvolle, schön bewegte und lebendig

durchgearbeitete Gestalt, vortrefflich ge-
eignet, die große Erhebung von 1814
zum Ausdruck zu bringen (Abb. S. 333).
Die Aufstellung dieser prächtigen Figur
hat noch nicht erfolgen können, weil
der Künstler seit dem Herbst im Felde
steht. Das zweite Monument ist da-
gegen vor kurzem in Weimar enthüllt
worden, ein Denkmal für Ernst von Wil-
denbruch (Abb. S. 294/95). Die heikle
Aufgabe hat Richard Engelmann beson-
ders glücklich gelöst. Der deutsche Krie-
ger und Dichter ist nicht durch eine Statue,
nicht durch eine Muse verherrlicht, son-
dern in Anlehnung an einen Ausspruch
Wildenbruchs: „Ich kämpfe nicht um an-
zugreifen, sondern um zu verteidigen",
hat der Künstler einen jungen Krieger
dargestellt, im Begriff das Schwert aus
der Scheide zu ziehen; eine wundervolle
nackte Figur, die nicht nur Wildenbruch
und das Jahr 1870 treffend versinnbildlicht,
sondern das kämpfende Deutschland über-
haupt und vor allem das tückisch Über-
fallene Deutschland im jetzigen Welt-
kampf aufs feinste charakterisiert. Engel-
mann war einer der ersten in Deutschland,
der stilvolle Verallgemeinerung der For-
men anstrebte; obgleich er dies in sehr
ernster Weise und auf Grund strenger
Studien tat, waren seine früheren Ar-
beiten meist zu schwerfällig, zu leer und
unbelebt. Das ist hier völlig überwun-
den; in der kräftigen Jünglingsgestalt hat
der Künstler zwar einen Typus zu schaf-
fen gesucht, hat ihn aber reich und fein
belebt. Nur wäre unserem Gefühl nach
eine weniger starke Seitenwendung des
Kopfes monumentaler gewesen.

In diesen Statuen ist ein großer Gedanke
treffend und würdevoll verkörpert. Sie
sind entstanden auf Grund sorgfältigster
Naturstudien, aber durch Vermeidung des
Zufälligen, Impressionistischen sind sie
aus einer nüchternen Aktfigur zu allge-
meinerer Schönheit, zu typischer, der Idee
Gerhard janensch Friedrich der grosse angepaßter Form durchgebildet. Hier ist

Ausstellung der K. Akademie der Künste, Berlin also etwas erreicht, was die „neue Kunst"

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