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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Zahn, Leopold: Anselm Feuerbach, der Mensch, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0029

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ANSELM FEUERBACH, DER MENSCH

GESEHEN VON SEINEN ZEITGENOSSEN

HENRIETTE FEUERBACH:
Über den Knaben: „Im ganzen das liebens-
würdigste Kind, das man sehen kann, nur eitel
über alle Maßen, daß ihm bald Schneider und
Schuster nichts mehr recht machen können."

Über den Jüngling: „ . . . eine frische, ganz
freie, ganz selbständige Natur, trotzig, kühn,
weich, wild, zart, stolz, demütig, hastig, unge-
duldig, rücksichtslos und doch im ganzen gleich-
mäßig artig und anständig, die angenommenen
Formen des Lebens skrupulös einhaltend, über-
mütig lustig, ernst und tief melancholisch, feurig
leidenschaftlich, und doch maßhaltend in allem,
ein echter gesunder Mensch an Leib und Seele,
mit allem, was die Jugend herrlich und unbe-
quem macht, so erschien er mir, nachdem ich
im stillen die ungeheuere W andlung zu über-
schauen vermochte, die in anderthalb Jahren
mit ihm vorgegangen war . . . Ich hatte nur die
eine Sorge, daß er verwöhnt wird durch das
Bewußtsein, allenthalben beim ersten Auftreten
die Herzen zu gewinnen, denn das Talent besitzt
er in hohem Grade, dabei eine bedeutende Por-
tion Eitelkeit."

Über den reifen Künstler: „ ... tief und
feinfühlend, empfindlich bis zur Reizbarkeit,
zugleich heftig und leidenschaftlich und träume-
risch-weichlich, stets unzufrieden mit sich selbst
und doch auch zu Zeiten übermütig, weiß er
sich in die Menschen nicht zu finden, vertraut
bald zu viel, bald zu wenig, ist übermäßig in
Hoffnungen und Befürchtungen. Unter dem
Einfluß wechselnder Stimmungen hat er Schmer-
zen und Freuden da, wo sie ein anderer nicht
ahnt. Man muß ihn sehen, wie er in jedem an-
gefangenen Bilde durch die Freude des Schaffens
allen Ernstes ein Meisterwerk zu fertigen glaubt,
das dann vielleicht nach wenigen Tagen in den
letzten Winkel geworfen wird, nachdem es mit
Händen und Füßen zerschlagen und zerrissen

ist.'' Henriette Feuerbach in ihren Briefen.

GOTTFRIED KELLER:

Mündliche Äußerungen zu Johannes
Brahms und anderen: „ ... Er habe nie in
seinem Leben wieder einen Jüngling von so
idealisch schöner Bildung gesehen ... er zweifle
aber, daß bei seiner grenzenlosen Eitelkeit etwas
aus ihm werden würde, die Düsseldorfer W eiber-
leute hätten ihn völlig verdorben."

Eine Begegnung zwischen Gottfried Keller und Anselm
Feuerbach hat 1849 in Heidelberg stattgefunden, vro der
Schweizer Dichter studierte und in nahen Beziehungen zu
dem Philosophen Ludwig Feuerbach, dem Onkel des
Malers, stand. Anselm zählte damals 20 Jahre.

VIKTOR v. SCHEFFEL:

„Wenn man am Abend mit ihm im vertraulich-
sten Austausch gesessen hatte, so konnte er am
anderen Morgen grüßen, als ob er einen kaum
kenne, und ohne ein A\ort weitergehen."

Feuerbach hatte mit dem Dichter des „Ekkehard" am
29. Mai 1855 die Studienfahrt nach Venedig angetreten-
Im August desselben Jahres verlebten sie im Kastell
Toblino an dem gleichnamigen See inurdlicli von Riva,
im Tridentinischen) ein mehrwöchiges Sommeridvll. —
Feuerbach charakterisierte sein Verhältnis zu SchelFel
folgenderweise: „Keine himmelstürmende Gvmnasiasten-
Freundschaft oder täppische Vertrauensseligkeit, sondern
eine auf gegenseitiges ^ erständnis, auf Achtung und Zu-
neigung gegründete Haltung, um nicht zu sagen Zurück-
haltung."

HANS v. MAREES:

..... Auch Feuerbach denkt um dieselbe Zeit
sein Bild ..Laura in der Kirche" (mit Werken
Lenbachs und Böcklins) absenden zu können.
Es ist mir nun doch gelungen, mehrere Male in
sein Atelier einzudringen und ich habe dadurch
Gelegenheit gehabt, sein geschicktes und außer-
ordentlich schnelles Arbeiten bewundern zu

können." (An Baron Schack; Horn, 6. Februar 1865.)

..... Feuerbach ist wieder hier und durchwan-
dert in gewohnter W eise die Kaffeehäuser des
Corso und wurde von Mariconi mit Küssen
empfangen."

(An Konrad Fiedler; Rom, 7. September 1868).

(Fortsetzung 5. S. 28)

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