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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Eckstein, Hans: Zur Malerei des heutigen Italien und zu Felice Casorati
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0211

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F ELI C E CA SORA Tl. STILLEBEN

ZUR MALEREI DES HEUTIGEN ITALIEN
UND ZU FELICE CASORATI

Die futuristische Revolte ist verpufft, die Reaktion
vollkommen. Man hat sich wieder in sein Schick-
sal gefunden, legitimer Erbe der Antike zu sein,
und gestikuliert als bewußter Enkel zwischen
den Kulissen einer großen Vergangenheit. Die
heutigen Italiener sind, wie treffend gesagt
wurde, „Schauspieler ihrer Geschichte". Sie sind
freilich mehr als pathetische virtuose Mimen:
sie spielen ganz elementar das Rinascimento —
sehr viel echter jedenfalls als den futuristischen
Aufruhr. Man ist nicht auf der Suche nach Neu-
land, man will das Gültige — das Gültige an
Stelle des Experiments, das Objektive an Stelle
selbstischer W illkür. das ewig Gesetzmäßige an
Stelle alles zeitlich Modifizierten, Totalisierung
an Stelle polarer Spannung. Die führende Künst-

lergruppe Italiens nennt sich „Novecento", das
heißt, sie proklamiert den italienischen Stil des
Jahrhunderts als Ausdruck und Bekenntnis ge-
schwellten Nationalgefühls. Das Quattrocento
wird mit derselben Selbstverständlichkeit rezi-
piert, wie die cäsarische Geste durch den Duce.
Die Vorbilder sind — für sonstige Europäer
nicht ohne weiteres begreiflich — dem Italiener
nahe und gegenwärtig genug, so daß die Gefahr
eines Eklektizismus kaum akut wird. Man ist
..sachlich-, aber nicht minder klassizistisch-
traditionell; die Bilder werden nach bewährtem
Rezept konstruiert. Die Selbstverständlichkeit,
mit der minutiös abgezirkelte Landschaften im
Stile der frühen Oberitaliener gemalt werden,
mag zunächst befremden: ist das Mut zur Un-

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