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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Heilmaier, Hans: Marie Laurencin
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Frühjahrsausstellung in Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0326

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Sensationen als mühelosen sublimen Genuß er-
hofft.

Die Entwicklungslinie dieser Kunst ist denkbar
gerade. Die Arbeiten aus der ersten Zeit sind
koloristisch weniger aufblühend und verhaltener
als jene aus den letzten Jahren. Marie Laurencin
hat sich in den frühen Bildern oftmals mit blo-
ßen Andeutungen dessen begnügt, was nunmehr
im satten Schmelz der Farben sieghaft zum
Durchbruch kommt. Kompositionelle Lnter-
schiede treten vielleicht schärfer hervor, wenn
man etwa die 1908 entstandene ..Reunion" (ein
Gruppenbild) mit einer der Leinwände aus der
Gegenwart vergleicht. Der zeichnerische Umriß
war anfangs noch härter, die Figuren blieben
streng auf ein gemeinsames Bewegungsmotiv
abgestimmt. Heute nichts mehr von dem. Farbe
und Form gehen in freier Bindung zusammen.

eines das andere bedingend und ergänzend. Ein
feines künstlerisches Empfinden leitet den Pin-
sel dieser Malerin des 20. Jahrhunderts, welche
mit zeitgemäßen Mitteln den Geist eines W atteau
heraufzubeschwören versteht. So sehr in ihren
Bildern alles duftiger Dekor ist. verfällt sie nie-
mals ins Dekorative im schalen Sinn. Umgekehrt
aber hat sie Leute wie Poiret und andere Mode-
schöpfer glücklich zu inspirieren gewußt, Ent-
würfe fürs russische Ballett gefertigt und ist so-
mit auf dem Gebiete der angewandten Kunst
nicht ohne wirksamen Einfluß geblieben. Marie
Laurencins W erk überrascht weniger durch
motivlichen Reichtum als durch den Zauber
eines von Mozartschen Klängen erfüllten Kolo-
rits. Die Geschöpfe und Dinge ihrer Bildwelt
aber sind aus kindlich reiner Schau geboren.

Hans Hcilmaicr

FRÜH JAHRS AUSSTELLUNG IN HANNOVER

UNSERE ABBILDUNGEN SEITE288

Hannover beginnt zur Hundertjahrfeier zu rü-
sten. Die Durchsetzung eines bestimmten Ni-
veaus hat, was die Abriegelung nach unten an-
langt, in der jetzigen 98. großen Kunstausstellung
wiederum Fortschritte gemacht. Einen besonde-
ren Reiz geben dieser Schau einige Gäste aus
der Schweiz : sie erscheinen gelassener, heiterer,
der Klarheit näher, von Klimas und Schicksals
Gnaden besser gestellt, und neben Haller und
Hubacher, Barraud. Blanchet und Kohler inter-
essieren besonders der ältere Meyer-Amden, von
dessen kleinen, noch ganz real gemeinten Grup-
pen eine deutliche Spur zu den Männern des
Bauhauses weist, und der junge, sehr westlich
orientierte Max Gubler. Die Hauptabteilung
zeigt das übliche bunte Gesamtbild nebst den
auch schon gewohnten Besonderheiten. Von den
Älteren sind gut vertreten Leo v. König und Hans
Meid, Spiro, der Y\ eimarer Graf, der Münchner
Sieck. Purrmann zeigt ein feines, ganz lichtes
Interieur, Heckel einen „Zirkus" und eine „Nor-
dische Landschaft", Pechstein einen frischen
„Jungen mit Fischen", Barlach starke Zeichnun-
gen, Champion und Seewald amüsante kleine
Landschäftchen. In der jüngeren Generation
nimmt die Y\ endung zum Malerischen ihren

Fortgang sowohl in Crodels lyrischer Phantasie
in Blau „Amalienborg in Kopenhagen'' wie in
Herbigs „Knabe mit Bleisoldaten" und Pudlichs
feinem „Fasanenstilleben" in Braun und Grau.
Laves und Nay wachsen immer mehr in Selb-
ständigkeit. Adler, Pankok, Gilles, Kaufmann
zeigen das neue Gesicht Düsseldorfs. — In der
Plastik sind Köpfe von Mareks, B. M. Werner.
Abbo, kleine Figuren stehender Mädchen von
Joachim Karsch, eine große „Sinnende" von
Sötebier überzeugende Dokumente eines neuen,
ebenso kräftigen wie besinnlichen Formwillens.
Die Hannoverschen Bildhauer Scheuernstuhl.
W aterbeck, Ellen Catzenstein, Else Fraenkel.
die Maler Gleichmann, Horchler, Seiffert-Wat-
lenberg, Ischi v. König, F. H. Koken, Badler.
Wiederhold, Lichte, dazu der Klebebildner
Schwitters bekunden Hannovers starken und
in vielen ^ ariationen spielenden Anteil. Die
ausgesetzten Preise von je 2000 M. fielen
an Richard Martin Werner („Kopf eines Bild-
hauers" — Trammpreis), Walter Becker-Cassis
(..Bildnis des Dichters Sauvage" — Preis der
Firma Günther Wagner, Hannover) und Otto
Herbig ( „Knabe mit Bleisoldaten'- — N. N.-
Preis). 1. F.

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