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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Briner, Eduard: Wandmalereien in einer Sportarena
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0359

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WANDMALEREIEN IN EINER SPORTARENA

Im allgemeinen darf die Kunst von den Sport-
freunden keine intensive Förderung erhoffen. Es
scheint sogar, daß die Hingabe an den Sport, die
ohnehin eine gewisse Ausschließlichkeit mit sich
bringt, die künstlerischen Interessen eher zurück-
dränge. Doch sind auch auf diesem Gebiete An-
zeichen einer gewissen \\ andlung zu verspüren,
und sobald der Sport mit Überlegenheit betrieben
wird, vermag er eine idealistische Einstellung zu
wecken, die auch andern Lebensgebieten, nicht
zuletzt der Kunst, zugute kommen kann.
Das „neue Bauen" hat bereits mit Erfolg ver-
sucht, seine auf Praktisches und Sachliches ge-
richteten Bestrebungen auf Sportplatzanlagen
und Stadien anzuwenden. Plastik und Kunstge-
werbe versprechen sich besondere Förderung
von der allerdings nur langsam fortschreitenden
Aktion zur Verbesserung der Sportpreise, die
grundsätzlich längst Anerkennung gefunden hat.
Doch die Malerei, die „Kunst an sich" sozusa-
gen, bietet dem Sportfreund einstweilen nicht
sehr viel. Idealisierenden und sinnbildlichen
Darstellungen aus dem Sportsleben ist er ohne-
hin abhold, denn der Sport verneint ja gerade
das Pathetische und Geistig-Gesteigerte. Um so
anerkennenswerter ist es, wenn KünstlerGelegen-
heit erhalten, in einer Sportplatzanlage W and-
malereien auszuführen.

Im Tribünenbau der neuen großen Sportplatz-
anlage, die der Zürcher GrashopperklubimHard

bei Zürich erstellen ließ, hat der zentral gelegene
Gesellschaftsraum künstlerischen Schmuck er-
halten. Die beiden Brüder Gerold und Y\ erner
Hunziker, zwei Aargauer Künstler, die seit vie-
len Jahren in Paris und in der französischen
Provinz arbeiten, haben gemeinsam einen Zyklus
von Wandgemälden geschaffen, die mit Aus-
nahme eines etwa meterhohen Sockels sämtliche
Wandflächen des Raumes bis zur Decke ausfül-
len. Trotz der Aufteilung in einzelne Figuren-
szenen wirken die Bilder als raumkünstlerische
Einheit.

Es ist nun besonders aufschlußreich, daß die
auftraggebenden Sportsleute keine beziehungs-
reichen Bilder oder Sinnbilder aus dem Sports-
leben wünschten, sondern den beiden Malern
für ihre auf Großes gerichteten Ambitionen auch
motivisch freie Hand ließen. Die Leiden des
Odysseus, seine Irrfahrten, Prüfungen und Mü-
hen sollen hier, ohne irgendwelche Anspielungen,
rein durch ihren menschlichen Gehalt den inne-
ren W ert und Sinn sportlicher Anstrengung zum
Ausdruck bringen. Die beschwingte, lebensvolle
Komposition der Bilder, die Plastik und Aus-
druckskraft der Gestalten und die phantasievolle,
nicht literarisch blasse Darstellung der Szenen
sichern diesen auf reiche Farbenklänge aufge-
bauten Wandmalereien einen künstlerischen
Reichtum, der über Baumschmückend-Dekora-
tives hinausstrebt. E. Briner

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