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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Ottmann, Franz: Georg Mayer-Marton
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Mayer, Alfred: Konrad Felixmüller
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0335

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mus erhebt: wie dieser Ausbiegung des Körpers
eine gleichartige der Landschaft entspricht, wie
jener aufsteigende Zug des Betenden Felsen
und Bäume mit sich reißt u. dgl. — so ist auch
hier das Bild ein sinnvolles Gefüge von inein-
anderwirkenden festen Körpern, die ein Geisti-
ges, den Baum, wie eine Melodie auf- und
niederführen, ausbreiten und verengen, ver-
schwinden lassen und wieder aufnehmen. Eine
kunstvolle ^ erflechtung von Stimmen, daß man
sich zuweilen an Bachsche Strenge, noch öfter
iwohl auch wegen der innigen Klarheit oder
träumerischen Durchwölktheit der Farbej an die
Anmut Mozarts erinnertfühlt (M.-.M. ist auch, fast
ohne Lehrer, hinreißender \iolinspieler).

Landschaften des Quarnero mit ihren harten,
oft kubischen Formen, ihrer engen Verschach-
telung und weiten Ausfächerung haben den
Künstler zuerst in diesem Sinne ergriffen und
ihm den Y\ eg gewiesen. Vor kurzem hat er den
gleichen Blick auch für die heimische Land-
schaft und für Figurales gefunden. Immer
klarer bewußte Kontrolle überwacht den leiden-
schaftlichen Schaffensdrang. Nun ist er daran,
für einige Monate nach Paris zu gehen und wir
sind begierig zu sehen, in welchem Sinne es
diesen feinhörigen, vom Gefühl der \ erant-
wortung durchdrungenen Künstler befruchten
wird.

Dr. Franz Ottmann

KONRAD FELIXMÜLLER

Er ist Sachse von Geburt und Sohn eines Fabrik-
arbeiters. 1912, 15jährig, weiß er bereits, daß er
Kunstmaler wird. Schüler von Professor Bantzer
an der Dresdner Akademie, bleibt er dort drei
Jahre und bildet seiner Jugend wegen für Leh-
rer und Kollegen eine Sensation. Ein Gemälde
des Achtzehnjährigen, „Vier Männer im Atelier",
besitzt das Elberfelder Museum. In der Frühzeit
seiner Entwicklung wird Felixmüller ganz selbst-
verständlich vom revolutionären Umschwung
in der Malerei mitgerissen. Die in Dresden le-
benden Kokoschka und Dix beeinflussen ihn.
Als der Krieg zu Ende geht, experimentiert er
in künstlerischen, geistigen und politischen Ideen
und versucht sich im Holzschnitt und der Litho-
graphie. Nicht aus Politik, nein, aus Kindheits-
erinnerungen und Erlebnissen wird er eine Zeit-
langder Maler des Proletariats. Kubistisch scharf
geprägte Holzschnittporträts lenken die Auf-
merksamkeit auf den jungen Maler, der bestän-
dig nach formalem Ausdruck für Gesehenes und
Geschehenes ringt und nicht etwa wie Georg
Groß Zeitkritik übt. Er bewahrt sich ein reines
und keusches Empfinden und arbeitet, in glück-
licher Ehe vom Stadtleben fern, mit unbändiger

Bast in Klotzsche bei Dresden. Er studiert immer
wieder neue zeichnerische und malerische Mög-
lichkeiten und erkennt, daß seinem lebensbeja-
henden, stürmischen Temperament Zurückhal-
tung nottut. So vollzieht sich allmählich der
Umschwung zu einem klarer und dichter wer-
denden ^ ortrag, und frei nun von aller Ideologie,
stellt er sich fest auf den Boden der Welt, die
er in allen Erscheinungen herrlich findet. Diese
Herrlichkeit will er als Maler besingen. Porträt-
aufträge geben ihm Gelegenheit, seine optimisti-
sche Einstellung zum Menschen transparent zu
machen. Zahlreich und unbeschränkt sind die
Motive, die sein Malertemperament entzünden:
Kinder in unbefangener Einfachheit, nervös-
geistvolle Männerköpfe, prächtige Frauenkörper,
idyllische Landschaft und schlotiges Industrie-
revier. Das Oeuvre des erst Zweiunddreißigjähri-
gen ist ebensowohl entwicklungsträchtig durch
steigende Qualität im Malerischen wie durch eine
seltene Naivität, die erstaunenswerte und ver-
heißungsvolle Leistungen zeitigt. Etwas von dem
kindhaft reinenDraufgängertum und der triebhaft
strömenden Vitalität Corinths wird in diesen
Arbeiten spürbar. Alfred Majer

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