Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (45.1929-1930)

MAX ÜNOLD, IM VIOLETTEN SCHLAFROCK
Aus der Ausstellung der Neuen Secession, München

zelnen in zusammenhängendem Wachstum, wie
sich Aste, Blätter, Knospen, Blüten folgen. Je
höher die Zeit steht, um so geringer, um so
weniger grob sind die Unterschiede: das Persön-
liche liegt in der zartesten Tönung.
Der Nichtkenner sagt: Ewig diese Madonnen in
der Benaissance. Aber das ist gerade das Zeichen
der Meisterschaft, zum bekannten Thema immer
neue Melodien zu finden. Der Unproduktive
rafft sich einen möglichst auffallenden fremden

Stoff herbei, um die Schwäche des Gestaltungs-
prozesses zu verdecken. Das kann interessant sein,
ist aber nicht künstlerisch groß.
Die Schätzung des Nur-Technischen ist verwandt
mit der Schätzung des Xur-Stofflichen. So wird
es dem Dilettanten möglich gemacht, ein Surro-
gat der Kunst herzustellen. Wie bald würde es
sich zeigen, was an unseren Dichtern ist, wenn
jeder gezwungen würde, einen Tasso, einen
Othello, einen Wallenstein zu schreiben.

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