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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Historische Besinnung gegenüber lebender Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0146

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Jahrzehnte grub Bewußtseinselemente mit Be-
dacht auf. Ihre Werke sind oft durchschossen
von mittelalterlichen, von barocken, letzthin von
klassizistischen Bewußtseins- und Gestaltungs-
elementen. Gehen wir denen nicht sorgsam
spürend, mittels historischer Besinnung spürend
nach, so kommen wir nicht zu letzter Ehrlich-
keit gegenüber dem zeitgenössischen Schaffen.
Manche Geste, manche Formführung muß uns
— wenn wir nur ehrlich und nicht snobbistisch
vor das Kunstwerk hintreten — starr und fremd
bleiben, ehe wir es durch historische Erfühlung
aufgeschmolzen für unser heutiges Empfinden
haben. Wir sind nicht nur Seiende, sondern
Gewordene. Und diesem Gewordenen in uns

und ebenso in unserer Kunst müssen wir ge-
recht werden durch Bewußtmachung histori-
scher Befunde.

In zwiefachem Sinne also ist historische Besin-
nung gegenüber lebender Kunst nicht nur be-
rechtigt, sondern sogar erfordert: einmal zur
Aufrichtunggültiger\laßstäbe,alsRegulativalso
für das augenblickliche Empfinden; — dann als
Begründung, als Untergründung dieser unserer
obersten Schicht des Empfindens, als Fundament
also, auf dem sich die heulige Gestaltung ab-
spielt und aufbaut. Historie als Regulativ und
als Fundament — das sind die beiden Prinzipien,
unter denen die Historie fruchtbar sein kann in
der Kunst. Und nicht nur in der Kunst, r, r.

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