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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 45.1929-1930

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Wolf, Georg Jacob: Masken zum "Totenmal" der chorischen Bühne München 1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0328

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BRUNO GOLDSCHMITT. MASKENENTWÜRFE ZUM „TOTENMAL" DER CHORISCHEN BÜHNE

chorisch-choreographischen Schöpfung gestellt.
Beleuchtung und szenischen Rahmen beherrscht
die bildende Kunst, die sich hier in straffster
\ ereinfachung, die zum Stil aufsteigen mag.
dokumentieren wird. '\ or allem aber sind da
die Masken. Aus dem monumentalen antiken
Gedanken, aus dem übermenschengroßen Drama
der Griechen entsprungen, findet die Maske
Verwendung als ungewöhnlich wirkungsvolles
Mittel. Hatte sie im griechischen Drama die
Bestimmung, aus der vieldeutigen Individualität
zum gleichsam schicksalhaften Typus zu führen,
war sie dort also ein Moment der Erstarrung
und des Beharrens, so ist sie für die chorische
Bühne nach ganz neuen künstlerischen Grund-
sätzen ausgeführt worden.

Der Münchner Maler Professor Bruno Gold-
schmitt ist der Schöpfer dieser Masken. Y\ ir
kennen ihn als Graphiker, der die herben Über-
gänge und die starken Kontraste des Schwarz-
W eiß liebt. Er hat Fresken von monumentaler,
oft gewaltsam zusammenreißender Kraft ge-
schaffen und mit seinen dekorativen Inszenie-

rungen von Hans-Sachs-Spielen und von Haupt-
manns „Florian Geyer" einen unverkennbaren
Theatersinn verraten. Diese Masken zeigen den
Künstler der Fläche am dreidimensionalen
Y\ erk. Er ist zum psychologischen und phy-
siognomischen Bildhauer geworden und verrät
vor dieser ihn im Tiefsten aufwühlenden Auf-
gabe eine Meisterschaft, die auf neuen \\ egen
zu unerhörten Zielen führt. Nicht Typisierung
ist der Endzweck dieser Masken, sondern Ver-
tiefung. Monumentalisierung und Fixierung des
Einzelschicksals, des individuellen Erlebnisses,
das aus dem Zufälligen und Momentanen in das
Gottgewollte und Ewige gesteigert wird. Mit rela-
tiv einfachen Mitteln formaler Kontrastierung
wurden durch die plastische Licht- und Schatten-
führung bei wechselnder Beleuchtung und rhyth-
mischer Bewegung so starke Ausdrucksmög-
lichkeiten erzielt, daß nicht die Erstarrung,
sondern die reichste Nuancierung das Ergebnis
der Maske, die in dem synthetischen Kunstwerk
des „Totenmals" nur ein Moment ist, sein
wird. WoU

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