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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Ottmann, Franz: Kirchliche Kunst: ein Gespräch
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0020

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ADOLF DIETRICH. WINTER AM SEE
Aus den Neuerwerbungen der Nationalfalerie Berlin

Naturen. Nein, auch das Geniale ist vom Religiö-
sen nicht zu trennen.

B.: Ich will ja die verblasenen Öldrucke nicht
verteidigen. Ich meine nur: die Menschen sind
nicht so empfindlich und empfänglich, wie du
denkst. Sie bleiben ruhig bei ihrer Gefühlsweise.

A. : Ein Irrtum: der heute, im Zeitalter der Impon-
derabilien, der Strahlungsphysik, der Zerlösung
aller Materie nicht mehr erlaubt ist. Was wir
unbewußt aufnehmen, ist wichtiger als das Be-
wußte. Es steckt ein ewiges lernendes Kind in
uns. Diese weichlichen, verschwommenen Hei-
landsgesichter müssen eben solche Menschen
formen.

B. : Also Bekämpfung des gemalten und modellier-
ten Schundes ebenso wie des literarischen? . . .

A. : Ganz richtig.

B. : Was soll aber die Kirche tun, wenn das reli-
giöse Gefühl unserer Zeit nicht stark genug ist.
eine neue Kunst zu ihrem Dienst zu erzeugen
und sie doch immer neue Werke benötigt?

A.: Zunächst alle Fabriksware verdammen. Denn

damit verbarrikadiert sie — praktisch und auch
für das Verständnis der Menge — den Zustrom
der lebendigen Kunst, die gar nicht so unwillig
und unfähig wäre, religiöse Gefühle zu gestalten.
Und dann: diese lebendige Kunst durch Aufträge
heranziehen, zu immer größeren Aufgaben reizen.
B.: Glaubst du denn wirklich, daß die Kluft von
Glauben und Wissen noch zu überbrücken ist?

A. : Ich glaube, daß alle Kunst religiös ist. Daß
auch ein Landschaftsbild so fromm sein kann wie
ein Heiligenbild. Es muß nicht jedes Andachts-
bild dazu auffordern, seine persönlichen egoisti-
schen Wünsche vorzutragen. Haben die Museen
sich aus den Kirchen gefüllt . . .

B. : Genug, genug. Wohin verirrst du dich?

A. : Warum sollte die Hauptkirche einer Haupt-
stadt nicht Landschaften des ganzen Landes in
sich versammeln? Eine Kirche des hl. Fran-
ziskus ....

B. : Nun bist du wieder bei deinen gewohnten
Phantastereien. Da habe ich keine Lust, dir zu

folgen. Dr. Franz Ottmann

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