ADOLF DIETRICH. WINTER AM SEE
Aus den Neuerwerbungen der Nationalfalerie Berlin
Naturen. Nein, auch das Geniale ist vom Religiö-
sen nicht zu trennen.
B.: Ich will ja die verblasenen Öldrucke nicht
verteidigen. Ich meine nur: die Menschen sind
nicht so empfindlich und empfänglich, wie du
denkst. Sie bleiben ruhig bei ihrer Gefühlsweise.
A. : Ein Irrtum: der heute, im Zeitalter der Impon-
derabilien, der Strahlungsphysik, der Zerlösung
aller Materie nicht mehr erlaubt ist. Was wir
unbewußt aufnehmen, ist wichtiger als das Be-
wußte. Es steckt ein ewiges lernendes Kind in
uns. Diese weichlichen, verschwommenen Hei-
landsgesichter müssen eben solche Menschen
formen.
B. : Also Bekämpfung des gemalten und modellier-
ten Schundes ebenso wie des literarischen? . . .
A. : Ganz richtig.
B. : Was soll aber die Kirche tun, wenn das reli-
giöse Gefühl unserer Zeit nicht stark genug ist.
eine neue Kunst zu ihrem Dienst zu erzeugen
und sie doch immer neue Werke benötigt?
A.: Zunächst alle Fabriksware verdammen. Denn
damit verbarrikadiert sie — praktisch und auch
für das Verständnis der Menge — den Zustrom
der lebendigen Kunst, die gar nicht so unwillig
und unfähig wäre, religiöse Gefühle zu gestalten.
Und dann: diese lebendige Kunst durch Aufträge
heranziehen, zu immer größeren Aufgaben reizen.
B.: Glaubst du denn wirklich, daß die Kluft von
Glauben und Wissen noch zu überbrücken ist?
A. : Ich glaube, daß alle Kunst religiös ist. Daß
auch ein Landschaftsbild so fromm sein kann wie
ein Heiligenbild. Es muß nicht jedes Andachts-
bild dazu auffordern, seine persönlichen egoisti-
schen Wünsche vorzutragen. Haben die Museen
sich aus den Kirchen gefüllt . . .
B. : Genug, genug. Wohin verirrst du dich?
A. : Warum sollte die Hauptkirche einer Haupt-
stadt nicht Landschaften des ganzen Landes in
sich versammeln? Eine Kirche des hl. Fran-
ziskus ....
B. : Nun bist du wieder bei deinen gewohnten
Phantastereien. Da habe ich keine Lust, dir zu
folgen. Dr. Franz Ottmann
14
Aus den Neuerwerbungen der Nationalfalerie Berlin
Naturen. Nein, auch das Geniale ist vom Religiö-
sen nicht zu trennen.
B.: Ich will ja die verblasenen Öldrucke nicht
verteidigen. Ich meine nur: die Menschen sind
nicht so empfindlich und empfänglich, wie du
denkst. Sie bleiben ruhig bei ihrer Gefühlsweise.
A. : Ein Irrtum: der heute, im Zeitalter der Impon-
derabilien, der Strahlungsphysik, der Zerlösung
aller Materie nicht mehr erlaubt ist. Was wir
unbewußt aufnehmen, ist wichtiger als das Be-
wußte. Es steckt ein ewiges lernendes Kind in
uns. Diese weichlichen, verschwommenen Hei-
landsgesichter müssen eben solche Menschen
formen.
B. : Also Bekämpfung des gemalten und modellier-
ten Schundes ebenso wie des literarischen? . . .
A. : Ganz richtig.
B. : Was soll aber die Kirche tun, wenn das reli-
giöse Gefühl unserer Zeit nicht stark genug ist.
eine neue Kunst zu ihrem Dienst zu erzeugen
und sie doch immer neue Werke benötigt?
A.: Zunächst alle Fabriksware verdammen. Denn
damit verbarrikadiert sie — praktisch und auch
für das Verständnis der Menge — den Zustrom
der lebendigen Kunst, die gar nicht so unwillig
und unfähig wäre, religiöse Gefühle zu gestalten.
Und dann: diese lebendige Kunst durch Aufträge
heranziehen, zu immer größeren Aufgaben reizen.
B.: Glaubst du denn wirklich, daß die Kluft von
Glauben und Wissen noch zu überbrücken ist?
A. : Ich glaube, daß alle Kunst religiös ist. Daß
auch ein Landschaftsbild so fromm sein kann wie
ein Heiligenbild. Es muß nicht jedes Andachts-
bild dazu auffordern, seine persönlichen egoisti-
schen Wünsche vorzutragen. Haben die Museen
sich aus den Kirchen gefüllt . . .
B. : Genug, genug. Wohin verirrst du dich?
A. : Warum sollte die Hauptkirche einer Haupt-
stadt nicht Landschaften des ganzen Landes in
sich versammeln? Eine Kirche des hl. Fran-
ziskus ....
B. : Nun bist du wieder bei deinen gewohnten
Phantastereien. Da habe ich keine Lust, dir zu
folgen. Dr. Franz Ottmann
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