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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Ein amerikanisches Kunstvermächtnis
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Kehrer, Hugo: Italien und das deutsche Formgefühl, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0401

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sischen Gruppe der französischen Kleister des
19. Jahrhunderts gestritten wurden, ist sie ein
lebendiges Abbild jener Kunstbewegung und
Kunstzeit. \on den großen Namen fehlt außer
van Gogh kaum einer. Es ist jede wichtige
Gestalt, sei es durch ein ihre höchste Kunst-
vollendung zeigendes W erk. sei es durch eine
größere Anzahl von 'Werken vertreten. A on
einer wunderbaren Geschlossenheit ist vor allem
die Serie der Cezannes (11 Bilder und 10 Aqua-
relle), die in unübertrefflicher Weise des Meisters
Lebenswerk zur Anschauung bringen. Zu den
Perlen der Sammlung gehört daneben Daumiers
herrliches Gemälde ..Die Wäscherin".

Dieses A ermächtnis ist, auch für Amerika,
dessen Museen sieb in einzigartiger W eise
solchen Mäzenatentums erfreuen, etwas Beson-
deres. Das Neuyorker moderne Museum ist
durch das Legat in den Besitz der größten
und repräsentativsten Sammlung der großen
französischen Meister, die in Amerika existiert,
gelangt.

In der kleinen Abteilung amerikanischer Kunst,
die die Sammlung Bliß enthält, nimmt den
vornehmsten Bang die Sammlung von VS erken
Davies ein, eine Art Dank an den Mann, dem
sich Miß Bliß als Batgeber bei ihrer sammleri-
schen Tätigkeit am meisten anvertraute.

ITALIEN

UND DAS DEUTSCHE FORMGEFÜHL*)

Wer sind die Leser dieses neuesten Buches von
Wölfflin? Eigentlich müßten es alle Gebildeten
sein, und doch wäre der \ erfasser, wie er in
seinem Vorworte bekennt, „schon zufrieden,
wenn er dem Einen oder Anderen unter den
Reisenden, die alljährlich kunstempfänglich nach
Italien ziehen, den Sinn für die besondere Ein-
stellung erschließen könnte, die dieses Land ver-
langt". Die Kunst dieses Landes ist eben doch
nicht so leicht dem Nicht-Italiener verständlich,
wie mancher der Gebildeten sich vorstellt, darum
weist W ölfflin mit nachdrücklicher Betonung
wiederum darauf hin, daß sie uns Deutschen
wesensfremd ist, daß der Süden die Begriffe des
Klaren und Plastischen in einer Weise besitzt,
wie sie im Norden nicht vorkommen und auch
nicht erdacht werden können. Der erste Cam-
panile auf italienischem Boden —, wie klar steht
sein Prisma neben der Kirche, und wie deutlich
ausgesprochen sind die Maße aller Architektur!
Die Form ist plastisch bestimmt, erscheint iso-
liert, will für sich gesehen sein, sie ist durch
Strenge und Einfachheit ausgezeichnet. Die
meisten von uns wissen aus W ölfflins früheren

*) Heinrich WölffJin. Die Kunst der Renaissance. Italien und
das deutsche Formgefühl. F. Bruckmann AG.. München 1951,
222 Seiten mit 92 Abbildungen (Geheftet M. 11.50, in Lei-
nen M. 15.—).

^ erken, was er im Auge hat, wenn er den Stil
des Klassischen am italienischen frühen Cinque-
cento auseinandersetzt! Hat er selbst doch be-
reits seit mehr als 30 Jahren davon gesprochen
und darüber in seinen berühmt gewordenen
Büchern geschrieben. \\ er allerdings zum ersten
Male von der italienischen Schönheit, so wie sie
der Verfasser verstanden wissen will, hören sollte,
dem darf man zum Bewußtsein bringen, daß
all diese Gedanken, eben weil sie einmal grund-
legend waren, heute zum Allgemeingut des eu-
ropäischen geistigen Wissens geworden sind.
W ölfflin hat nun vor kurzem wiederum an der
Quelle der Klassik gestanden und sich mit sei-
nemLieblinffsthema wohl endgültig auseinander-
gesetzt : er findet vollauf bestätigt die Bichtigkeit
der von ihm früher gewonnenen Begriffe von
der klassischen Schönheit, Wenn man, so denkt
er, die Sixtinische Madonna, die Fresken der
Sixtinischen Decke, Petri Fischzug und Lio-
nardos Abendmahl wirklich begriffen hat, dann
hat man den Maßstab gewonnen, mit dem sich
das Klassische überhaupt messen läßt, und die-
ser wird gewiß niemals seine Gültigkeit ganz
verlieren können. YY er wird auch daran zweifeln,
daß die von ihm angezogenen Beispiele den Sinn
des Klassischen nicht vollkommen enthüllten?
Das Klassische läßt sich ja „messen", und

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