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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Lehel, Franz: Theodor Csontváry: ein kurioses Genie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0143

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THEODOR CSONTVÄRY. ZEDER VOM LIBANON

THEODOR CSONTVARy

EIN KURIOSES GENIE

Er ist im gleichen Jahre wie \an Gogh geboren,
und merkwürdigerweise sah er ihm auch ähnlich
im Gesicht. Sein Leben aber verlief noch eigen-
artiger als das seines Ebenbildes, wenn auch das
Ende kein so tragischer Zusammenbruch war.
Ein Autodidakt, wofür man ihn allgemein hält,
war er jedoch nicht, da er Schulen von München,
Karlsruhe und Paris besucht hat. Immerhin
war er schon mehr als 4o Jahre alt. als er sich
nach \ ersuchen auf verschiedenen Laufbahnen
plötzlich der Malkunst widmete. End das Sonder-
bare ist, daß nicht etwa eine starke Neigung
'hn auf die neue Laufbahn trieb. Niemals hatte
er früher Zeichenversuche gemacht, noch war
er Kunsthändler wie Yan Gogh oder Kunst-
sammler wie Gauguin. W ie der Kaufmann,
Chemiker, Jurist, Apotheker Csontväry schließ-
lich Maler wurde, das hat seine eigenartige Ge-

schichte. Eine himmlische Stimme war es nach
seiner Erzählung, die ihn schon in seiner frühen
Jugend auf diese neue Laufbahn sandte und ihm
verhieß, daß er selbst Raffael überragen werde.
Csontväry hat diese Legende von der himmlischen
Berufung in seinen „Erinnerungen" einige Jahre
vor seinem Tode niedergeschrieben. Im Laufe
unserer häufigen Gespräche war ich ~^t geneigt,
allen Absonderlichkeiten meines ai Meisters
Glauben zu schenken, hätte ich nur seinem allzu
rhapsodischen Gedankengang folgen können —
den man allgemein für Narrengeschwätz hielt.
Es ist zwrar nicht bekannt, daß er von seiner
Mission zu irgend jemanden gesprochen hätte,
aber später erdichtet muß er sie darum noch
nicht haben. Er hat sein Geheimnis hartnäckig

C

bewahrt, ein nicht seltener Zug bei Irrsinnigen.
Überhaupt zeugt die programmäßige Einteilung

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