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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Borenius, Tancred: Über Kunstauktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0229

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GERT WOLLHEIM. SCHLÄGEREI

Ausstellung Kunsthandlung Hartberg, Berlin

ÜBER KUNSTAUKTIONEN

Die Kunstauktion als ökonomisches Phänomen
läßt sich heutzutage schon einige Jahrhunderte
zurück verfolgen; und sowohl in Frankreich wie
in England dürfte die Organisation der Versteige-
rungen seit dem 18. Jahrhundert in ihren Haupt-
zügen dieselbe geblieben sein, wie ja auch in
England ein paar der ersten Auktionsbäuser eine
ununterbrochene Existenz seit demselben Jahr-
hundert geführt haben — Sotheby seit 1744,
Christie seit 1766. England erhielt seine Bedeu-
tung als europäisches Zentrum für die Kunst-
versteigerungen, als gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts, als Konsequenz der französischen Re-
volution, der aristokratische Besitz an Kunstob-
jekten sowohl in Frankreich wie in Italien großen-
teils flüssig wurde und dann auf dem Londoner
Kunstmarkt seine Absorption fand. Die Käufer in
London waren zu der Zeit noch fast ausschließ-
lich Engländer; und dieser Umstand, zusammen

mit dem sehr umfangreichen, freihändigen Im-
port aus dem Kontinent bis etwa 1850 hat es be-
kanntlich bewirkt, daß der englische private
Kunstbesitz bis vor einigen Generationen unge-
heuer reich war und daß auch trotz dem riesenhaf-
ten Export in den letzten Jahrzehnten England
immer noch viel reicher an Kunstwerken in Ein-
zelnbesitz ist als irgendein europäisches Land.
Äußerlich ist die Prozedur bei den Londoner
Kunstauktionen bedeutend ruhiger als z. B. bei
den entsprechenden Versteigerungen in Paris;
aber daß es den Londoner Auktionsräumen durch-
aus nicht an dramatischem Leben mangelt, kann
ein jeder bestätigen, der irgendeiner der großen
Kunstversteigerungen in London beigewohnt hat.
Unvergeßlich bleibt z. B. in dieser Hinsicht die
große Sargent-Versteigerung bei Christie im Spät-
sommer 1925. Hier lag der Fall vor eines welt-
bekannten, eben verstorbenen Meisters, der wäh-

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