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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Duve, Helmuth: Moderne Norwegische Monumentalmalerei
DOI Artikel:
Ottmann, Franz: Norwegische Malerei in der Wiener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0327

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energievollen Gestalten, belebt seine Kunst. Zum
Motiv wählte er hier den Stapellauf des Oseberg-
schiffes zur Wickingerzeit, aufgefaßt nicht als
anekdotisches, sondern als prinzipielles Ereig-
nis., sofern in ihm zugleich Ausgangspunkt und
Zielrichtung der norwegischen Geschichte be-
schlossen liegen. BeimY\ ettbewerb um die Bil-
der in der Seemannsschule unterlag Rolfsen sei-
nem Kollegen Per Krogh, obgleich auch seine
Entwürfe der gestellten Aufgabe durchaus an-
gemessen und würdig waren. Ihm wurde dann
die YS anddekoration im Telegraphengebäude zu
Oslo (1922) übertragen. Hier bemalte er die
Hauptwand des Saales, ohne auf ihre durch Tür
und Fenster gegebene tektonische Gliederung
Rücksicht zunehmen.indem er nur den oberen un-
geteilten Y\ andstreif en mit einem friesartig wir-
kenden Triptychon schmückte. Die nur schwach
gezogenen Grenzen zwischen jenen drei Szenen
('Fischer, die nach Empfang einer Funkmeldung
aufbrechen ; Arbeiter beim Bau eines Telegra-
phennetzes und Kabellegen : Y\ achtleute,diefort-
eilen um die durch Y\ aldbrand bedrohte Draht-
verbindung zu retten) werden durch den ein-
heitlich durchgehenden Bewegungsimpuls der
Handlung vollends verwischt, sodaß man — trotz
gewagter \ erkürzungen und einem spürbaren

Mangel an Symmetrie — dennoch der überzeu-
genden Monumentalwirkung dieser Komposition
sich nicht verschließen kann. Von Rolfsen stam-
men auch dieFresken im Sitzungssaal des Hand-
werks- und Induslriegebäudes (1925). in denen
er die Tätigkeit verschiedener Berufe veranschau-
licht, womit ihm ein besonders glücklicher Y\ urf
gelang. Auch dieser Zyklus zeigt unverkennbar,
daß die wichtigsten VN irkungselemente der nor-
wegischen Y\ andmalerei formale und nicht farb-
liche sind.

Daß die norwegische Monumentalmalerei durch
die neueren Leistungen Revolds, Kroghs und
Rolfsens auch außerhalb ihres Landes europä-
ische Reachtung beansprucht und findet, ist
durchaus erfreulich, für uns, sofern ihre ^ orzüge
ebenso wie ihre Mängel unser eigenes Schaffen
befruchten könnten, und für die Künstler, weil
das Auftreten einer so starken Monumentalge-
sinnung — im Gefolge reger zeitgemäßer Bau-
tätigkeit — symptomatisch hindeutet auf eine
stetige und zielbewußte Zusammenfassung aller
nationalen Kräfte, also in diesem Fall auf einen
verheißungsvoll beginnenden AuftiegNorwegens,
wozu zwar kaum politische, wohl aber kulturelle
und wirtschaftliche 'S oraussetzungen tatsächlich
vorhanden sein dürften. Hdmiith Duve

NORWEGISCHE MALEREI
IN DER WIENER SECESSION

Die norwegische Kunst mutet uns umso vertrau-
ter an, als der Berühmteste dieser Schar am
Werden des Expressionismus entscheidend mit-
gewirkthat: Edvard Münch. Er hat jenes bei ihm
Gespensterhaft-Geheimnisvolle in die Malerei
der 90er Jahre hineingeworfen, wodurch sie den
Impressionismus in sein Gegenspiel verwandelte.
Wie Schottland und Westfalen ist ja Norwegen
ein Land des „zweiten Gesichtes".
Dieses uns melancholisch berührende Ernste,
Dunkle, Spröde also erfaßt uns zunächst mit
unheimlicher Gewalt. Der Ernst der Einsamkeit
wird noch gesteigert durch die hohe Erlebnis-
kraft der Künstler. Wie sich in ihrem Sommer
jäher Frühling und schneller Herbst zusammen-

drängen, so lodert alle Empfindung zu steiler
Flamme auf. End da offenbart nun gerade die
moderne Kunst einen tieferen Sinn, der in den
Kriegsländern verdunkelt ist: dieses freie und
doch gebundene Schalten mit der Natur wird
hier schwebende Heiterkeit, strahlendes Glück
— bei aller wirren Problematik, die an den
Herzen hämmert.

J. Chr. Classen Dahl (1788—1857) 0^ a^s der
Vater der norwegischen Malerei. Er begann als
Nachahmer Everdingens, wollte 1818 nach Ita-
lien, blieb aber in Dresden, wo er heiratete. Er
gab schon das, was später Münch bestimmter
hervorholte: das eigen-persönliche Aufgehen in
Wolken, Licht und Stürmen. Von C. D. Fried-

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