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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Diskussion über Fotografie, [2]
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Sydow, Eckart von: Afrikanische Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0139

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die Reklame arbeitet. Die sauberen strengen Auf-
nahmen von Hans Finsler (Halle) sind hervor-
ragende Beispiele.

Immer wird es eines der schönsten Zeugnisse
für die geistige Anregungskraft einer ernsthaften
künstlerischen Leistung sein, daß die abstrakte
Malerei der letzten Jahre die Fotografie nun auf
eine völlig neue Bahn gebracht hat. Die Maler
fingen an zu fotografieren. Die Pariserin Florence
Henri hat abstrakte Bilder gemalt, die in den
Umkreis von Fernand Leger gehören, Willi Bau-
meister verwendete schon früh Fotografien in
seinen Kompositionen, und für sie alle formu-
lierte Möholy-Nagy das Ziel: Fotografie zur Licbt-
gestaltung zu machen. Nicht mehr irgendein

Gegenstand außer uns, sondern das Licht selbst
wird das Objekt, mit dem man gestaltet. Es ist
körperlos, unendlich, und erst der Gestalter gibt
ihm seine Form. Jetzt erst kann die Fotografie das
werden, was sie immer sein wollte: „Ausdrucks-
mittel des Empfindens und Denkens." Mit einem
Fremdwort: Fotogramm, d.h. eine Niederschrift
mit Hilfe des Lichtes. Da das Hilfsmittel körper-
los ist, so erscheint die abstrakte Form dieser
Niederschrift als die legitimste, und die Anklänge
an Formen körperlicher Gegenstände, die etwa
in den Fotogrammen von Man Ba)' auftreten,
sind nichts anderes als eine Art von Erinnerungs-
bildern an die Durchgangsstadien des Lichtes von
seiner Quelle bis zum Papier.

AFRIKANISCHE PLASTIK

Die große Ausstellung afrikanischer Eingebore-
nen-Kunst, die gegenwärtig in Brüssel stattfin-
det, ist ein neues Glied in der Kette von\eran-
stallungen, deren Ziel die immer bessere, ver-
tieftere Erkenntnis der Kunstwerke der Natur-
völker, speziell Afrikas, ist.
In mancherlei ethnographischen Arbeiten vor-
bereitet, von der kubistischen Kunstbewegung
beflügelt, hat die kunstwissenschaftliche und
kunsthistorische Wissenschaft sich erst seit kur-
zem mit der primitiven Kunst beschäftigt. Im
'\ ordergrund des internationalen Interesses hat
bisher mit gutem Grunde Afrika gestanden, und
so ist es lebhaft zu begrüßen, daß eine so all-
seitige Schau, wie jetzt in Brüssel, stattfindet
und ein hervorragendes Material aus belgischem
und anderem Museumsbesilz vorführt.
Die Statuetten und die Maske, die hier abge-
bildet sind, gehören zu den schönsten Stücken
des Kongo-Museums in Tervueren bei Brüssel.
\on besonderer künstlerischer Vollendung ist
die Maske (Abb. S. 12g) und der Kopf der
knienden Frauenfigur, die eine Schale vor sich
hält, deren Band auf der Abbildung noch sicht-
bar ist (Abb. S. 130). Beide Schnitzwerke ent-
stammen aller W ahrscheinlichkeit nach dem
innersten Gebiete Afrikas, der Landschaft Urua,
und repräsentieren in vollendeter W eise eine
Monumentalität, die von starkem lyrischen Ein-
schlag durchdrungen und gemildert wdrd. So

fremdartig vielfach die Kunst der Naturvölker
noch empfunden werden mag, — den Titel
eines „Meisterwerks" wird man diesen beiden
Arbeiten nicht versagen dürfen. Über ihre Be-
stimmung zu rituellem oder anderem Ge-
brauch ist nichts bekannt, — die kniende weib-
liche Gestalt gehörte wohl zu den Figuren, die
vor den Hütten schwangerer Frauen aufgestellt
wurden, um milde Gaben zu sammeln.
Die dritte Abbildung (S. 131) stellt in der Sitz-
figur voll hieratischer Haltung den KönigMikope
Mbula der Bushongo dar, dessen Begierungszeit
in den Anfang des 19. Jahrhunderts fällt. In der
gesenkten Bechten das Zepter, auf dem Kopf eine
kappenförmige Bedeckung mit einer Art Sonnen-
schirm, dem Kennzeichen des Adels, hat er vor
sich eine kleine menschliche Figur, vielleicht die
Darstellung der Sklavin, die er geheiratet hat.
Diese typische Bushongo-Schnitzerei ist die letzte
in der Reihe von fünf Königsfiguren, die im
Britischen Museum in London und im Tervue-
rener Kongo-Museum bewahrt werden und die
die bedeutendsten Fürsten des Bushongoreichs
im 17. bis 19. Jahrhundert darstellen. Die tech-
nische Geschicklichkeit ist auch hier sehr groß,
aber der seelische Gehalt ist sicherlich weniger
stark als in den beiden anderen Arbeiten, — an
die Stelle seelischer Vertiefung und Versonnen-
heit ist aristokratisch repräsentative Haltung voll
bewußter Disziplin getreten. Eckart v. Syclo-sv

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