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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Yashiro, Yukio: Die japanische Malerei der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0224

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von Vögeln und Blumen, ganz auf dem Boden
der ostasiatischen Kunst, und stimmt andrerseits
mit ihrem Bestreben, durch Konzentrieren des
Blickes auf eine Teilerscheinung das Wesen der
Natur zu erfassen., doch mit den Tendenzen des
modernen Naturalismus überein. Diese Bewe-
gung kann als die eigentliche Seele des moder-
nen ostasiatischen Bealismus bezeichnet werden.,
und auch unter den vielen Gemälden von Blu-
men und \ögeln auf der gegenwärtigen Aus-
stellung ist kaum eines, das nicht von ihr be-
rührt und von einem neuen "Verständnis der
Sung-Malerei getragen wäre.
Dieser Lauf der Dinge hat gleichzeitig auch eine
Gegenwirkung hervorgerufen, wie sie dem beson-
dern Berufe Japans als eines Hortes ostasiatischer
Kunst entspricht. Es ist heute gerade wie in der
mittleren Tokugawa-Zeit, wo sich gegen die
ganz neu aufgetretenen realistischen Bichtungen
der Maruyama-Shijo-Schule und des Ukiyo-e
alsbald die Malerei der Bunjin-gwa mit ihrer
Forderung geistiger Höhe frei von materiellen

Fesseln erhob und ohne Bücksicht auf Natur-
treue nur darauf bedacht war, daß Geist und
Stimmung des Künstlers in seinem Werke lebe
('gleichviel ob der dargestellte Gegenstand seinem
natürlichen Vorbilde ähnlich sähe oder nicht).
Genau so mußte nun zu einer Zeit, wo die Kunst
naturgetreuer Darstellung noch um ein Viel-
faches höher entwickelt ist als damals, in Ge-
stalt der modernen Bunjin-gwa-Schule eine Be-
wegung aufkommen, die nur um so heftiger
darnach verlangt, die Fesseln des Bealismus zu
sprengen und dem Geist seine Freiheit wieder-
zugewinnen. W ir sehen es hier neu bestätigt,
daß die wechselvollen Szenen, welche uns die
Entwicklung der japanischen Malerei von der
ältesten Zeit bis heute darbietet, sich stets aus
der verwickeilen Auseinandersetzung zwischen
zwei widersprechenden Geistesrichtungen auf-
bauen, zwischen vertrauender Liebe zur mütter-
lichen Natur und der über das bloß Natürliche
hinausstrebenden Sehnsucht nach der Freiheit

des Geistes. Y ashiro \ukio (Übersetzt von W. Gliedert )
 
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