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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Valentien, Fritz C.: Sachliches Kunstsammeln, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0312

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SACHLICHES KUNSTSAMMELN

(Fortsetzung von Seite 289)

des Jahrhunderts eine allgemeine Erkenntnis der
künstlerischen Werte ist. Hinsichtlich der Fäl-
schungen sind diese an sich für unsere Über-
legungen weniger bedeutungsvoll, als die er-
schlitternde Tatsache, daß geringwürdige Bilder
und Machwerke in sonst erstklassige Samm-
lungen aufgenommen werden, nicht weil sie
wesentlich gut sind, sondern weil sie den Na-
men irgendeines anerkannten Künstlers tragen.
Überhaupt wäre das ganze unerfreuliche Kapitel
der „Fälschungen" gegenstandslos, wenn der
Sammler sich ernstlich um das W esen der Kunst,
um die künstlerischen Werte kümmern würde,
wrenn er sammeln würde nicht aus Bildungs-
snobbismus oder Aufmachungs- und Repräsen-
tationsverpflichtung, nicht aus Spekulationslust,
sondern aus innerer Verbundenheit mit den
künstlerischen Bestrebungen. Seine Sammlung
würde dann tatsächlich ein persönliches Be-
kenntnis darstellen und ganz dem Niveau seiner
persönlichen Geisteseinstellung entsprechen.
Und, was als Resultat unserer Beobachtungen
wohl am wichtigsten ist, auf lange Sicht
und auf die unerbittliche auslesende Sichtung
durch die Zeit bedacht, wird die frühzeitige
Erkenntnis des künstlerischen Werts und
eine dieser entsprechende Auswirkung der
Sammlerneigungen auch mit der Hebung des
materiellen Werts der Sammelobjekte überein-
stimmen.

Wenn wir oben für die Kunstübung unserer
Zeit von einer „Sachlichkeit" sprachen, so mei-
nen wir damit nicht ein Primat der sogenann-
ten „Neuen Sachlichkeit", sondern eine allge-
meine Rückkehr zu der Sache der bildenden
Kunst. Das heißt, nach den Formauseinander-
setzungen wird sich die Neigung der modernen
Kunst den sogenannten Bedeutungswerten, neben
dem Gegenstand in erster Linie dem künstleri-
schen Gehalt zuwenden. Y\ as sonst der Eigen-
art und Größe einer Einzelperson vorbehalten
bleibt, eine „Sachlichkeit" (nicht aber eine lite-
rarische oder vom Gegenstand abhängige), das
strebt heute auf breiter Grundlage die Allge-
meinheit an. End diese Sachlichkeit demY\ esen

der bildenden Kunst gegenüber wird voraus-
sichtlich das Sammeln und die Kunstpflege der
nächsten Zeit bestimmen. Das heißt, trotz der
vielleicht wirtschaftlichen Übermacht einzelner
Gruppen und Tendenzen von Betriebsamkeit,
trotz Zufallserscheinungen und zeitlicher Ein-
seitigkeit von Angebot oder Nachfrage wird aller
Voraussicht nach stärker denn je das Wesen der
bildenden Kunst die Grundlage allen Sammel-
eifers und jeden ideellen, wie materiellen Sam-
melerfolges bilden.

Mit einiger Sicherheit läßt sich daraus als kon-
krete Wahrnehmung schließen, daß der ge-
walttätige Sammlerfanatismus, der an techni-
schen oder anderen Zufälligkeiten Gefallen fin-
det, eine allgemein bedeutungslose Einzelerschei-
nung sein wird. Er wird seinen Einfluß auf die
Kunstbeurteilung und damit auf die Preisgestal-
tung mehr und mehr verlieren. Es wird sich
auch die Nachfrage nicht so sehr auf Seltenheit,
Einzigartigkeit, Alter, Schule und Richtung
spezialisieren als vielmehr auf eine Steigerung
der künstlerischen Qualitätsansprüche. Wenn
je die Mittelqualität des Sammelgegenstands
seine Anerkennung und Wertsteigerung gefähr-
dete, so wird sich die nächste Zeit ganz beson-
ders auf die erstrangigen Objekte konzentrieren.
In Verbindung mit dieser „Sachlichkeit" des
Kunstsammelns wird sich die heutige und künf-
tige Kunstpflege auch nicht der materiellen Seite
dieser Sache entziehen können. Ensere Zeit ist
zu rationell und zu wenig romantisch oder ge-
fühlsselig, um die wirtschaftliche Seite des
Kunstsammelns immer noch unter der schönen
Geste des wohltätigen oder schöngeistigen Mä-
zens zu verbergen. Ganz bewußt wird das Kunst-
sammeln auch als eine Spekulation betrieben
werden, aber die materielle Wertgrundlage wird
allein nach der künstlerischen Qualität gemes-
sen werden.

Wie schon oben angedeutet, werden persönliche
Liebhabereien, formale und historische Revor-
zugungen, überhaupt das Sammeln nach sensa-
tionellen, aber äußerlichen Eigenschaften bei
allgemeingültiger Reurteilung und Rewertung

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