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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 46.1930-1931

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Ottmann, Franz: Wir und Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0340

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OTTO KODEWALD. ITALIENISCHES DORF (ARTALLO). ZEICHNUNG

und — ersehnteste Käufer auf. Ein Angebot
von amerikanischen Werken findet fast nicht
statt. Das Land produziert nicht genug, um an
Europa abzugehen.

Als Käufer auf dem europäischen Kunstmarkt
hat sich Amerika bisher fast ausschließlich für
Werke älterer Kunst interessiert. Auch diese
negative Tatsache, diese Zurückhaltung, ist für
Europa wichtig. Was sind die Beweggründe
Amerikas (und hier kommen fast nur die Ver-
einigten Staaten in Betracht) bei diesen Bemü-
hungen, das Beste an sich zu ziehen, was je ge-
schaffen wurde? Es wäre eine ganz falsche und
niedrige Deutung, wollte man darin etwas sehen
wie das Verhalten eines Parvenüs, der sich ein
Schloß samt Ahnengalerie kauft. Dem wider-
spräche schon die Tatsache, daß diese Schätze
sinnvoll verwaltet und verwertet und in bester
Form dargeboten werden. Und es wäre ebenso
falsch, wollte man hier nur das Streben nach

sicherer Kapitalsanlage finden, das, vor den noch
ungewissen neuen Werken zurückschreckend,
sich an die zweifellosen alten hält. Sondern der
Sinn ist offenbar der, daß sich die Vereinigten
Staaten damit zur gemeinsamen Tradition, zur
geistigen Einheit mit Europa bekennen. Der vor-
wärts stürmende Kontinent füllt sich mit Schwer-
gewicht.

Vorläufig ist es noch nicht so weit, daß ein eige-
nes reiches Kunstleben das Land zu tätiger Teil-
nahme aufriefe. Und hier erwachsen Aufgaben,
die im folgenden besprochen werden sollen.
Die Berechtigung dazu wird uns Europäern wohl
niemand absprechen. Wo wir so schwer an dem
westlichen Ubergewicht leiden, wäre es eine na-
türliche und erlaubte Äußerung unseres Selbst-
erhaltungstriebes, handelnd einzugreifen. Wo es
noch dazu nicht in feindlicher Absicht geschieht,
sondern eben aus jenem gleichen Gefühl der
Solidarität, das auch die Vereinigten Staaten durch

Kunst für Alle. Jahrg. 40, Heft 10, Juli 1931

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