DOI Artikel:
Ottmann, Franz: Wir und Amerika
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.16478#0342
oder jene niedrige ..Rommenware",
die von notbedrängten, in ihrem
Gewissen erschütterten Künstlern
nicht dutzend-, sondern schockweise
hergestellt wird. So läßt Europa sein
wichtigstes Guthaben, seine beste
Chance unausgenützt.
Es ist wohl endlich an der Zeit, die-
sem Zustand ein Ende zu machen.
Da wir doch immer wieder hören:
der Raum ist überwunden, es gibt
keine Entfernungen mehr — warum
hier keinen Gebrauch davon machen?
Regelmäßige, wechselnde Ausstel-
lungen, die einen Extrakt der euro-
päischen Kunsrproduktion oder auch
zuweilen eines einzelnen Landes bie-
ten, müßten das ganze Jahr durch
amerikanische Zentren geführt wer-
den und das breiteste dortige Publi-
kum an solche Schaustellungen ge-
wöhnen, es zu Empfänglichkeit und
zu wachsendem Interesse hiefür er-
ziehen, woran auch eine, gewiß
schnell aus dem Boden wachsende
Kritik mitzuwirken hätte. Damit
würde Amerika erst vollends in den
europäischen Kulturkreis eintreten.
Eine neue Provinz von unvergleich-
lichem Werte würde dem Lande zu-
wachsen: ein Reich der Kunst, das.
zusammen mit den anderen geistigen
Bestrebungen und Bemühungen des
Landes, von den rein wirtschaft-
lichen Interessen ablenken und zu
einer innerlich reicheren Lebenshal-
tung hinüberführen könnte.
Natürlich fehlt es nicht an Einwän-
den: es herrsche nur Interesse für OTTO ROD EWALD. PORTRÄT L.
Porträts und für Wandgemälde an
großen, meist öffentlichen Bauten.
Selbst reiche Leute wohnten wenigstens in den unsere moderne Kunst wenig vorgebildet. Soll
Städten in winzig kleinen Zimmern, wo dieWän de man eher Werke der mittleren Linie bringen
gar keinen Raum für Bilder bieten. Allenfalls — verpönt bei unseren Anspruchsvollen — oder
für ein Porträt über dem Kamin. Für Landschafts- lieber ein scharfes Gesicht zeigen?
maierei bestehe geringes Interesse. Radierungen Die Werbekraft einer Idee ist heute gering. Sie
würden bevorzugt und dgl. All dies ist gewiß hat ja nicht Zeit auszureifen und auszugreifen,
richtig,abermüssendieseZuständeewigsodauern? Wird sie nicht gleich durchgeführt, so wird sie
Leben nicht doch genug wohlhabende Leute in verdrängt, überrannt, zertreten. Aber es ist hier
weiten Räumen, die sie gerne mit würdigen nicht der Ort, diesen Schwierigkeiten nachzu-
Bildern schmücken würden, wenn sie ihnen vor gehen. Auch ist das Wirkungsgebiet eines ein-
Augen gebracht werden? Kann die Vorliebe für zelnen gering und so mag immerhin schon etwas
Landschaft nicht anerzogen wrerden? geleistet sein, wenn man durch das Medium der
Es mag leichtfertig erscheinen, hier einen solchen Zeitung die Bildung einer öffentlichen Meinung
Gedanken wie spielend hinzuwerfen, ohne sich vorbereitet.
um die Schwierigkeiten der Ausführung zu be- Dasselbe gilt für einen anderen Gedanken, der
kümmern. Wer soll das Risiko tragen? Wer die die Möglichkeit zu noch engerer 'Verbindung
Auswahl treffen? Das Publikum drüben ist für vorsieht. Da schon vielfache Austauschaktionen
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die von notbedrängten, in ihrem
Gewissen erschütterten Künstlern
nicht dutzend-, sondern schockweise
hergestellt wird. So läßt Europa sein
wichtigstes Guthaben, seine beste
Chance unausgenützt.
Es ist wohl endlich an der Zeit, die-
sem Zustand ein Ende zu machen.
Da wir doch immer wieder hören:
der Raum ist überwunden, es gibt
keine Entfernungen mehr — warum
hier keinen Gebrauch davon machen?
Regelmäßige, wechselnde Ausstel-
lungen, die einen Extrakt der euro-
päischen Kunsrproduktion oder auch
zuweilen eines einzelnen Landes bie-
ten, müßten das ganze Jahr durch
amerikanische Zentren geführt wer-
den und das breiteste dortige Publi-
kum an solche Schaustellungen ge-
wöhnen, es zu Empfänglichkeit und
zu wachsendem Interesse hiefür er-
ziehen, woran auch eine, gewiß
schnell aus dem Boden wachsende
Kritik mitzuwirken hätte. Damit
würde Amerika erst vollends in den
europäischen Kulturkreis eintreten.
Eine neue Provinz von unvergleich-
lichem Werte würde dem Lande zu-
wachsen: ein Reich der Kunst, das.
zusammen mit den anderen geistigen
Bestrebungen und Bemühungen des
Landes, von den rein wirtschaft-
lichen Interessen ablenken und zu
einer innerlich reicheren Lebenshal-
tung hinüberführen könnte.
Natürlich fehlt es nicht an Einwän-
den: es herrsche nur Interesse für OTTO ROD EWALD. PORTRÄT L.
Porträts und für Wandgemälde an
großen, meist öffentlichen Bauten.
Selbst reiche Leute wohnten wenigstens in den unsere moderne Kunst wenig vorgebildet. Soll
Städten in winzig kleinen Zimmern, wo dieWän de man eher Werke der mittleren Linie bringen
gar keinen Raum für Bilder bieten. Allenfalls — verpönt bei unseren Anspruchsvollen — oder
für ein Porträt über dem Kamin. Für Landschafts- lieber ein scharfes Gesicht zeigen?
maierei bestehe geringes Interesse. Radierungen Die Werbekraft einer Idee ist heute gering. Sie
würden bevorzugt und dgl. All dies ist gewiß hat ja nicht Zeit auszureifen und auszugreifen,
richtig,abermüssendieseZuständeewigsodauern? Wird sie nicht gleich durchgeführt, so wird sie
Leben nicht doch genug wohlhabende Leute in verdrängt, überrannt, zertreten. Aber es ist hier
weiten Räumen, die sie gerne mit würdigen nicht der Ort, diesen Schwierigkeiten nachzu-
Bildern schmücken würden, wenn sie ihnen vor gehen. Auch ist das Wirkungsgebiet eines ein-
Augen gebracht werden? Kann die Vorliebe für zelnen gering und so mag immerhin schon etwas
Landschaft nicht anerzogen wrerden? geleistet sein, wenn man durch das Medium der
Es mag leichtfertig erscheinen, hier einen solchen Zeitung die Bildung einer öffentlichen Meinung
Gedanken wie spielend hinzuwerfen, ohne sich vorbereitet.
um die Schwierigkeiten der Ausführung zu be- Dasselbe gilt für einen anderen Gedanken, der
kümmern. Wer soll das Risiko tragen? Wer die die Möglichkeit zu noch engerer 'Verbindung
Auswahl treffen? Das Publikum drüben ist für vorsieht. Da schon vielfache Austauschaktionen
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