Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 51.1935-1936

DOI article:
Eberlein, Kurt Karl: Der Bildhauer Erich Kuhn
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16483#0058

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Plastik hat jahrelang dadurch schwer gelitten, daß kirchliche Kunst, für die Kuhns Freiplastik und Bau-
die meisten Plastiker gar nicht mehr selbst im Holz, plastik besondere Begabung verrät, verlangt über
im* Stein, in der Bronze arbeiten und sozusagen nur den diesseitigen Moment hinaus eine so jenseitige
ein Formlibretto liefern, weshalb auch die Material- Ganzheit der Ideenkunst, daß man vom Ich der Hand
form so viel zu wünschen übrig läßt. Kunst wächst gar nichts mehr sehen möchte. Treues Naturstudium
immer nur aus dem Handwerk selbst. Es kommt des geschulten Zeichners, zahlreiche Bildnisaufträge
Kuhn sehr zugute, daß er aus jedem Holzstamm, je- förderten das organischeFormgefüb 1,das den mensch-
dem Kiesel, jedem Steinblock selbst die Form mit liehen Körper in seiner beseelten Gliedersprache
Messer und Meißel erwecken kann, daß er auch den zum Zeichen höherer Gehalte und Y\ erte erhebt.
Guß kennt, und von seinem Vater den handwerk- So werden seine Gestalten Gefäße sinnbildlicher Zu-
lichen Sinn für Basteln und Selbstmachen ererbt stände, menschlicher Leiden und Freuden, blinder
hat. So gehorchte er also nur dem Gesetz, wonach und schauender Erkenntnis. Nur wer mit den For-
er angetreten, als er vom Holz und Ton zum Stein men der Schöpfung derart musizieren kann, daß sie
fand. Der Stein schenkte ihm Ernst und Strenge, das wie Töne in einer Melodie erscheinen, und von der
blockhafte Schließen, die Ebenen und Tiefen der Fülle der Gottnatur eine holde Ahnung geben, nur
Fläche, die ihm auch das Blindrelief ermöglichen, der gehört zu den Musikern bildnerischer Musik
die reine Musik der Linienführung und das rhvth- und hat von dem Rhythmus der Welt in sich den
mische Leben im Formganzen. Diese Steinform gibt schautätigen Takt. Gerade die großen öffentlichen
auch seiner Bronzeform die Geschlossenheit, die Arbeiten Kuhns beweisen uns, wie klar der Künst-
keiner Impressionen bedarf und sozusagen die Hand- 1er das Wesen seiner Kunst und Begabung erkannt
schrift verschweigt. Denn Plastik ist keine Daumen- hat und daß er uns die Hoffnung schenkt, ihn eines
maierei, wie heute noch einige ,.Tonkünstler'; glau- Tages zu den ersten Bildnern des neuen Deutsch-
ben, die bilden und malen verwechseln. Gerade die land rechnen zu dürfen.

Erich Kuhn. Relief „Schönheit"
 
Annotationen