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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 3.1905

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Bode, Wilhelm von: Das Kabinett Simon; Die Stiftung des Herrn James Simon im Kaiser Friedrich Museum zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4389#0074

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ist er den meisten Sammlungen der Museen hilf-
reich beigesprungen; sein Name ist in den weitesten
Kreisen bekannt geworden durch die Gründung der
deutschen Orientgesellschaft, welche u. a. die För-
derung der vorderasiatischen und ägyptischen Ab-
teilungen bezweckt, durch die Ausgrabungen in
Babylon, Assur u. s. f. Jetzt hat er seinen Namen
dauernd mit den K. Museen verknüpft durch eine
Schenkung, die selbst in England und Amerika
wenige ihresgleichen hat. Herr James Simon hat den
grössten Teil seines Kunstbesitzes, die Renaissance*
Sammlung, dem Kaiser Friedrich-Museum zum Ge-
schenk gemacht, wo sie seit der Eröffnung am
18. Oktober ein besonderes Kabinett einnimmt.

Diese Simonsche Sammlung ist von sehr
mannigfaltiger Art: neben Gemälden enthält sie
Skulpturen, Bronzen, Medaillen und Modelle von
Medaillen, Plaketten, Wachsbossierungen, Minia-
turen, Majoliken, Möbel u. s. f. Wäre sie nur die
zufällig entstandene Sammlung eines Kunstfreundes,
so würde sie in ihrer Gesamtheit bei dem bestimmt
ausgeprägten Charakter unseres Museums in die
historische Abfolge desselben schwerlich ganz hin-
eingepassthaben; aber ihre eigentümliche Entstehung
verdankt sie, dass sie sich unseren Sammlungen gut
einfügt, sie nach den verschiedensten Richtungen er-
gänzt und vervollständigt. Hatte doch Herr' Simon
schon früh durchfühlen lassen, dass seine Sammlung
gelegentlich einmal ganz oder teilweise in die
Museen aufgehen könne; ich entsprach daher nur
seinem eigenen Wunsche, wenn ich ihm bei Er-
werbungen, auf die ich ihn aufmerksam machte, be-
sonders solche Stücke vorschlug, die auch für die
Museen erwünschte Bereicherungen gewesen wären.
Dazu kamen manche Stücke der Kleinkunst, die
Herr Simon auf Reisen in Italien, Frankreich und
Deutschland erwarb. Dass diese Sammlung noch
bei Lebzeiten des Besitzers an die Museen übergehen
könnte und noch von mir denselben eingereiht
werden sollte, hatte ich allerdings nie zu hoffen
gewagt.

Die Sammlung hat ihren Platz neben dem
Saale der italienischen Bronzen gefunden. Dies
hat den besonderen Grund, dass die grössere Hälfte
der Gegenstände Bronzen sind: einige Plaketten,
Kunsttafeln, Thürklopfer und ähnliche Gebrauchs-
gegenstände aus Bronze, dann Bronzestatuetten
und namentlich eine stattliche Sammlung von
Medaillen. Wie jene die Zahl und Art unserer
reichen Bronzesammlung in erwünschter Weise
vermehren und ergänzen, so sind die Medaillen

eine äusserst dankenswerte Zugabe zu unserer
Plakettensammlung; sind sie doch von ganz ver-
wandter Art und vielfach von den gleichen Künst-
lern; man kann sie nur mit und neben einander voll
würdigen und kennen. Auch für unser Medaillen-
kabinett, das ja gleichfalls mit in die Räume des
Kaiser Friedrich-Museums übergesiedelt ist, hat diese
Simonsche Medaillensammlung ihre Bedeutung, dasie
eine Reihe von seltenen Stücken besitzt, die dort ganz
fehlen, oder nicht in guten Exemplaren vorhanden
sind; sie ist zum Teil gerade mit Rücksicht auf
die Vervollständigung unseres Kabinetts entstanden.

Herr Simon hat seine Sammlung so bereit-
willig stets gezeigt und regelmässig bei hiesigen
Ausstellungen dargeliehen, sie ist dahernamentlichin
Berlin so bekannt, dass hier wenige Worte zu der
Einführung seines Renaissancekabinetts in unsere
Museen genügen werden.

Bilder und Skulpturen gehören der Renaissance-
zeit und zwar vorwiegend der Frührenaissance. Die
italienische Kunst ist darin so vorwiegend, sie be-
stimmt den Charakter der Sammlung so sehr, dass
wir sie passend zwischen die Kabinette der italie-
nischen Schule einreihen konnten. Doch sind die
Gemälde der altniederländischen und altdeutschen
Schule wie die deutschen Medaillen und Modelle,
so wenig laut sie sprechen, doch von besonderem
Wert und Interesse. Sie haben bei der Aufstellung
keinen Platz für sich bekommen, sondern zwischen
den Italienern, neben denen sie stand halten, ohne
sich gegenseitig zu beeinträchtigen.

Die Mitte der einen Wand nimmt ein grösseres
Rundbild der florentiner Schule ein: eine Madonna
mit zwei Engeln, die das Kind verehren, ein cha-
rakteristisches, treffliches Werk des Rafaellino del
Garbo, der hier in der schwärmerischen Andacht
der holden Gestalten dem Botticelli, in der hellen
Farbigkeit dem Filippino in seinen früheren Ge-
mälden nahe steht. Um dieses Andachtsbild grup-
pieren sich die meisten anderen Gemälde der Früh-
renaissance, vorwiegend Werke oberitalienischer
Künstler. Ein Wasserfarbenbild auf feiner Lein-
wand, Maria, das Kind an sich schmiegend, ist eines
jener frühen, tief empfundenen Werke Mantegnas,
die unter dem unmittelbaren starken Einflüsse Dona-
tellos, seines eigentlichen Meisters, entstanden. Von
den vier venezianischen Bildnissen der Richtung des
Gian Bellini ist das idealisierte Frauenbild, durch
das zierliche Salbgefäss in der Linken als Magdalena
charakterisiert, wegen seiner hellen Farbigkeit und
schwachen Modellierung bisher stets als ein Werk

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