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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 3.1905

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Keyserling, Eduard von: Fritz von Uhde
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https://doi.org/10.11588/diglit.4389#0302

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Stufen erhöhten Thüre und hebt segnend die Hand.
Unten sitzt die Gemeinde, einige schwere, arbeits-
müde Leute. Eine alte Frau schaut ruhig andäch-
tig aus ihrem verhärmten Gesicht vor sich hin.
Eine andere schliesst die Augen. Ein grosser,
starker Mann faltet tiefergriffen die Hände. Ein
Greis mit eisengrauem Haar, einem Kopf fest und
hart wie Bronze, der in seiner Modellierung an
Mantegna denken lässt, schaut scharf zu Christus
hinüber. Nur eine junge Frau ist in freudiger Ek-
stase aufgesprungen und streckt dem Eintretenden
die Arme entgegen. Undr:mit Christus dringt

Licht herein, eine Flut von Licht in breiten, blass-
goldenen Strömen. Hier ist Uhde wieder ganz der
dichtende Maler, der Künstler, der eine Welt nach-
denklicher Poesie in streng malerische Formen
zu bannen sucht. Uhde, der Revolutionär der
achtziger Jahre, ist für uns heute ein Vermittler,
der die Tradition einer gefühls- und gedanken-
schweren Kunst, die wir von Dürer geerbt
haben, mit den Anforderungen des Reinmalerischen
der modernen Kunst vereinigen will. Er will
Poesie ganz zu Farbe und Farbe ganz zu Poesie
machen.

F. von UHDE, AM MORGEN

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