SCHINKEL, DAS LANDHAUS DES KAUFMANNS BEHREND
Gestalter des Zuschauerraumes,sich zu Schinkel verhalte
wie Jos. Schlar zu Carl Maria von Weber.
Während die Verwandlung, die mit Schinkels um-
fangreichem und bedeutenden Kunstwerk vorgegangen
ist, viele Gemüter in Bewegung hält, ist ein kleines
aber reizendes Bauwerk Schinkels sang- und klanglos
rasiert worden: das Haus, das der Meister ehedem für
den Kaufmann Behrend linker Hand vom Luisenplatz,
dem Charlottenburger Schlosse schräg gegenüber, baute.
Niemand hat von diesem Ereignis Notiz genommen.
Nach einem kolorierten Kupferstich aus der Samm-
lung des Malers Karl Walser veröffentlichen wir eine
Abbildung des liebenswürdigen Landhauses. Es gehörte
im Jahre 1836 dem Kammerherrn von Hacke, der eine
Art Lotterie für den Erwerb des Hauses veranstaltete.
Wir veröffentlichen ausserdem eine Abbildung des
Hauses aus dem Schinkelwerk.
Über die das Terrain und den Bau betreffenden
Einzelheiten schreibt uns unser H. M.-Mitarbeiter:
Zur Zeit Friedrichs des Grossen diente das Terrain
als Küchengarten, und Nicolai rühmt die vielen schö-
nen Obstsorten, die dort gezogen wurden und die
Treibhäuser für fremde Gewächse, Pisangs, Ananas,
Melonen u. s. w., deren Pflege der kgl. Gärtner Herr
Fintelmann sich angelegen seinliess. Unter der Regierung
Friedrich Wilhelms II, der einen grossen Theil des Jahres
in Charlottenburg Hof hielt, wurden die Produkte dieses
Gartens für die Tafel im Schloss besonders in Anspruch
genommen. Wie Friedrich Wilhelm III ostentativ mit
den Traditionen seines Vaters brach, so wandte sich sein
Interesse auch mehr und mehr von Charlottenburg ab.
Der Park wucherte dichter um das Theeschlösschen, in
dem die Geisterbeschwörer den König einst genarrt
hatten, die Statuen zerfielen, und bald nach den napo-
leonischen Zeiten wurde der gegenüberliegende Küchen-
garten verkauft.
Der neue Eigentümer Kaufmann Behrend beauf-
tragte Schinkel ihm dort ein Landhaus zu errichten,
und Schinkel führte den einfachen, aber mit feinem
Geschmack entworfenen Bau 1822—23 aus- Pur seine
Landhäuser, unter denen das bekannteste das für
Wilhelm von Humboldt in Tegel umgebaute Schlösschen
ist, hat Schinkel stets die ihm von seinem Lehrer David
Gilly schon überkommenen griechischen Tempelmotive
benutzt. Am reichsten geschah dies in der für den
damaligen Kronprinzen in Charlottenhof bei Potsdam
erbauten Villa, am bescheidensten in dem Behrendschen
Landhause. Die Fassade zeigt als einzigen Schmuck
vier cannellierte Pilaster, über denen sich ein zweites
Mittelstockwerk erhebt. Nur wenige und nicht eben
repräsentative Räume enthält der Grundriss. Man war
selbst unter den Reichen sparsam in dem vormärzlichen
Berlin. Kein besseres Material durfte angewendet
werden; Schinkel war, wie auch in seinen staatlichen
Bauten, auf einfachen Putz angewiesen. Um so mehr
hat er sich die Harmonie der Verhältnisse und die Rein-
heit der Formen angelegen sein lassen. Die Akroterien
des Daches, die heute auf dem wüsten Vorgartenplatz
liegen, zeigen die Sorgfalt, mit der damals diese Stein-
metzarbeiten hergestellt wurden.
Künftig wird man dieses Landhaus nur noch in den
Mappen des Schinkelmuseums auf dem Papier finden.
Die vornehme Abgeschlossenheit des Platzes, über
den man zum Schlosseingang schritt, ist zerstört.
Und das geschieht in unseren Tagen, ohne dass eine
30Z
Gestalter des Zuschauerraumes,sich zu Schinkel verhalte
wie Jos. Schlar zu Carl Maria von Weber.
Während die Verwandlung, die mit Schinkels um-
fangreichem und bedeutenden Kunstwerk vorgegangen
ist, viele Gemüter in Bewegung hält, ist ein kleines
aber reizendes Bauwerk Schinkels sang- und klanglos
rasiert worden: das Haus, das der Meister ehedem für
den Kaufmann Behrend linker Hand vom Luisenplatz,
dem Charlottenburger Schlosse schräg gegenüber, baute.
Niemand hat von diesem Ereignis Notiz genommen.
Nach einem kolorierten Kupferstich aus der Samm-
lung des Malers Karl Walser veröffentlichen wir eine
Abbildung des liebenswürdigen Landhauses. Es gehörte
im Jahre 1836 dem Kammerherrn von Hacke, der eine
Art Lotterie für den Erwerb des Hauses veranstaltete.
Wir veröffentlichen ausserdem eine Abbildung des
Hauses aus dem Schinkelwerk.
Über die das Terrain und den Bau betreffenden
Einzelheiten schreibt uns unser H. M.-Mitarbeiter:
Zur Zeit Friedrichs des Grossen diente das Terrain
als Küchengarten, und Nicolai rühmt die vielen schö-
nen Obstsorten, die dort gezogen wurden und die
Treibhäuser für fremde Gewächse, Pisangs, Ananas,
Melonen u. s. w., deren Pflege der kgl. Gärtner Herr
Fintelmann sich angelegen seinliess. Unter der Regierung
Friedrich Wilhelms II, der einen grossen Theil des Jahres
in Charlottenburg Hof hielt, wurden die Produkte dieses
Gartens für die Tafel im Schloss besonders in Anspruch
genommen. Wie Friedrich Wilhelm III ostentativ mit
den Traditionen seines Vaters brach, so wandte sich sein
Interesse auch mehr und mehr von Charlottenburg ab.
Der Park wucherte dichter um das Theeschlösschen, in
dem die Geisterbeschwörer den König einst genarrt
hatten, die Statuen zerfielen, und bald nach den napo-
leonischen Zeiten wurde der gegenüberliegende Küchen-
garten verkauft.
Der neue Eigentümer Kaufmann Behrend beauf-
tragte Schinkel ihm dort ein Landhaus zu errichten,
und Schinkel führte den einfachen, aber mit feinem
Geschmack entworfenen Bau 1822—23 aus- Pur seine
Landhäuser, unter denen das bekannteste das für
Wilhelm von Humboldt in Tegel umgebaute Schlösschen
ist, hat Schinkel stets die ihm von seinem Lehrer David
Gilly schon überkommenen griechischen Tempelmotive
benutzt. Am reichsten geschah dies in der für den
damaligen Kronprinzen in Charlottenhof bei Potsdam
erbauten Villa, am bescheidensten in dem Behrendschen
Landhause. Die Fassade zeigt als einzigen Schmuck
vier cannellierte Pilaster, über denen sich ein zweites
Mittelstockwerk erhebt. Nur wenige und nicht eben
repräsentative Räume enthält der Grundriss. Man war
selbst unter den Reichen sparsam in dem vormärzlichen
Berlin. Kein besseres Material durfte angewendet
werden; Schinkel war, wie auch in seinen staatlichen
Bauten, auf einfachen Putz angewiesen. Um so mehr
hat er sich die Harmonie der Verhältnisse und die Rein-
heit der Formen angelegen sein lassen. Die Akroterien
des Daches, die heute auf dem wüsten Vorgartenplatz
liegen, zeigen die Sorgfalt, mit der damals diese Stein-
metzarbeiten hergestellt wurden.
Künftig wird man dieses Landhaus nur noch in den
Mappen des Schinkelmuseums auf dem Papier finden.
Die vornehme Abgeschlossenheit des Platzes, über
den man zum Schlosseingang schritt, ist zerstört.
Und das geschieht in unseren Tagen, ohne dass eine
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