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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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jenes verbreiteten Essaystils, dem so viele, dem wir alle
ein wenig unterliegen. Die Instinkte sind reicher und
mächtiger als das Wissen, als die Gestaltungskraft.
Moeller van der Brück möchte an der Hand eines
dünnen Leitfadens Universalgeschichte geben, oder er
möchte doch Universalhistorisches mit tausend Nuancen
andeuten. Das führt ihn zum dichterischen Denken,
zum pathetischen Ausdruck, zu Übersteigerungen, die
schliesslich nichts weniger als preussisch sind. Trotzdem
die Darstellung dem Ablauf der preussischen Architek-
turentwicklung chronologisch folgt, ist die Gliederung
unklar. Romantik streitet schon in den Kapitelüber-
schriften mit der Sachlichkeit. Dafür findet der Leser
eine Menge einzelner Schönheiten, feiner Bemerkungen
und richtiger Hinweise. Und nebenbei fühlt man auf
allen Seiten, dass man es mit einer exemplarischen Per-
sönlichkeit, mit einem ernst zu nehmenden Denker
zu thun hat. Die äussere Gestalt des Buches ist vor-
trefflich, die beigegebenen Bildtafeln sind geist-
reich gewählt und gut gedruckt.

HS-

Bau- und Kunstdenkmale des Küsten-
landes. Herausgegeben von Hans Folnesics
und Leo Planiscig. Kunstverlag Anton Schroll
& Co., Wien.

Der Wiener Verlag hat den Krieg als Ge-
legenheit genommen, auf die schönen alten
Bauwerke des österreichischen Küstenlandes
hinzuweisen. Er hat es in einem vornehm aus-
gestatteten Mappenwerk gethan, das auf 120 Ta-
feln vortreffliche Abbildungen der Bau- und
Kunstdenkmale ausAquileja,Görz, Grado,Triesr,
Capo D'istria Muggia, Pirano, Parenzo, Rovigo, Pola,
Veglia usw. darbietet. Da diese Gegenden jetzt zum
Teil Kriegsschauplatz sind und manches der abgebil-
deten Kunstdenkmale wohl schon zerstört ist, gewinnt
das Buch noch einen besonderen Wert als ein Gedächt-
niswerk. Die Herausgeber haben in ihren Beschrei-
bungen und Anmerkungen zu den Tafeln die bisherigen
Forschungen in Kürze, aber klar und erschöpfend zu-
sammengefasst, so dass alles Wissenswerte mitgeteilt
wird, ohne den Leser durch lange kunsthisorische Aus-
einandersetzungen von der Hauptsache, dem Abbil-
dungsteil, abzulenken. Wenn das Werk im Ursprung
als eine Gelegenheitspublikation zu betrachten ist, so
ist die Ausführung doch so gut, dass ein Dokument
von bleibendem Wert daraus geworden ist. Wenn man
etwas vermisst, so ist es eine allgemeiner gehaltene
Einleitung, in der der Charakter dieser küstenländischen
Kunst und ihre Beziehungen nach verschiedenen Seiten
in mehr populärer Weise hätte dargestellt werden
müssen. Gerade solche Landschaften, in denen ver-
schiedenartige Kulturen sich begegnen und kreuzen,

sind in mancher Beziehung aufschlussreicher als die
Zentren der Kunstkultur.

Neben diesem umfangreichen Bilderwerk geht zu
gleicher Zeit ein kleines Bändchen einher: Denkmale
der Kunst in den südlichen Kriegsgebieten,
Isonzoebene, Istrien, Dalmatien, Südtirol, herausgegeben
von Leo Planiscig, das den Charakter und den Wert
eines guten Führers hat.

Wilhelm Wagner, Zwölf Lithographien.
Verlag Fritz Gurlitt, Berlin.

Deutscher Moden-Almanach von Ludwig
Kainer. Verlag Fritz Gurlitt, Berlin.

Beide Mappen enthalten eine Anzahl zum Teil
farbiger Lithographien zwei talentvoller Zeichner.
Wagner ist den Lesern dieser Blätter aus einigen Zeich-
nungen bekannt. Er ist ein Virtuose der Darstellung,
ohne aber eitler Virtuosität zu verfallen. Seine zwölf

MAX SI.EVOGT, „GESANG AUSZIEHENDER KRIEGER"
AUS „ALTE UND NEUE LIEDER"

Lithographien behandeln das Thema: die Frau. Eine
starke natürliche Sinnlichkeit ist in das Modell hinein-
getragen und geistreich in eine knappe Formensprache
übersetzt worden. Nicht verschwiegen kann werden,
dass selbst der vorurteilslose Kunstfreund, der nur
die Form sucht, mit einer gewissen Peinlichkeit in der
Mappe blättert. Ein wenig wirken die frei gezeich-
neten Blätter doch auch wie eine Publikation für Lebe-
männer. Daran hat der Künstler natürlich nicht ent-
fernt gedacht; es kommt daher, weil der Gegenstand
nicht ganz überwunden, die Nacktheit nicht genügend
vergeistigt ist. Darüber hinaus haben die Zeichnungen
eine gefällige, selbst kühne Handschrift; auch verraten
sie alle, dass mit künstlerischem Ernst die Wahrheit der
Natur gesucht worden ist.

Kainers farbige Zeichnungen sind Modenblätter und
sind doch wieder auch mehr. Sie gehören zu jenen
Versuchen, das Modenbild künstlerisch zu machen.
Der Ausgleich zwischen künstlerischer Freiheit und
Gegenständlichkeit ist noch nicht gefunden, doch zeigt
es sich, dass Kainer zu jenen Begabungen gehört, von

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