Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0226
DOI issue:
Heft 5
DOI article:Hancke, Erich: Franz Marc
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Selbst der entschiedenste Bewunderer Lieber-
manns muss zugeben, dass die Einheit in einem
Bilde wie dem „Reiter am Meer" von 191 2 nur
unter gewaltigen Opfern erreicht ist, dass die
Grenzen der Malerei hier schon überschritten sind
und dass ein solches Bild Anforderungen an das
Verständnis stellt, denen nur ein sehr kleiner Kreis
gewachsen ist. Die freie Übersetzung Marcs er-
öffnet vielleicht einen Weg, auf dem diese Einheit
ohne derartige Opfer erreicht werden kann. Viel-
leicht ist sie ein geeigneteres Gef äss zur Aufnahme
eines so grossen Inhalts. Dass sie uns jetzt so un-
verständlich erscheint, spricht noch nicht dagegen,
dass sie späterhin vielleicht die verständlichste sein
wird. Sie schliesst auch eigentlich nichts Wesent-
liches aus. Temperament und Naivität behalten
ihre Geltung, wenn sie auch anders in die Er-
scheinung treten. Der Forderung, dass die Form
durch die Form vernichtet werde, wird auch sie
gerecht.
Nur eines wird ihr immer versagt bleiben:
die schlagende Wirkung des nach dem Leben ge-
malten Stückes. Ob sie uns diese wird vergessen
lassen können, das zu erweisen, bleibt einem Künstler
vorbehalten, der diese Form vollkommener be-
herrscht, als Franz Marc es vermochte.
FRANZ MARC, SPRINGENDE PFERDCHEN. HOLZSCHNl'iT
Z08
manns muss zugeben, dass die Einheit in einem
Bilde wie dem „Reiter am Meer" von 191 2 nur
unter gewaltigen Opfern erreicht ist, dass die
Grenzen der Malerei hier schon überschritten sind
und dass ein solches Bild Anforderungen an das
Verständnis stellt, denen nur ein sehr kleiner Kreis
gewachsen ist. Die freie Übersetzung Marcs er-
öffnet vielleicht einen Weg, auf dem diese Einheit
ohne derartige Opfer erreicht werden kann. Viel-
leicht ist sie ein geeigneteres Gef äss zur Aufnahme
eines so grossen Inhalts. Dass sie uns jetzt so un-
verständlich erscheint, spricht noch nicht dagegen,
dass sie späterhin vielleicht die verständlichste sein
wird. Sie schliesst auch eigentlich nichts Wesent-
liches aus. Temperament und Naivität behalten
ihre Geltung, wenn sie auch anders in die Er-
scheinung treten. Der Forderung, dass die Form
durch die Form vernichtet werde, wird auch sie
gerecht.
Nur eines wird ihr immer versagt bleiben:
die schlagende Wirkung des nach dem Leben ge-
malten Stückes. Ob sie uns diese wird vergessen
lassen können, das zu erweisen, bleibt einem Künstler
vorbehalten, der diese Form vollkommener be-
herrscht, als Franz Marc es vermochte.
FRANZ MARC, SPRINGENDE PFERDCHEN. HOLZSCHNl'iT
Z08