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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 5
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0264

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CHRONIK

REMBRANDT-FORSCHUNGEN

Einen bisher nicht beachteten Studienkopf eines alten
Mannes von Rembrandt haben Abraham Bredius
und Joseph Kronig in Zürich in der Gemäldesammlung
des Künstlergütli entdeckt, ein kleines Bildchen von
16:22 cm Grösse, das in die Jahre von 1655—1660
gehören soll. Über die Provenienz ist nur bekannt, dass
es im Jahre 1818 in Zürich öffentlich ausgestellt war,
aus dem Besitze eines Herrn von Berg und dass es
später wahrscheinlich einmal Gottfried Keller gehörte,
dessen Sammlungen als Keller-Schenkung dem Künstler-
gütli zufielen.

Der französische Radierer und Kunstforscher Coppier
legte der Pariser Akademie 3 1 Original-Kupferplatten
Rembrandts vor, die sich in der Sammlung de Beaumont
befinden und von deren Vorhandensein man bishernichts
wusste, darunter die Platten des „grossen Emmaus",
der „Kreuzabnahme bei Fackelschein" und der „Taufe
des Kämmerers". Es werden wohl dem-
nächstNeudrucke erscheinen, wie es solche
ja von den übrigen noch erhaltenen Rem-
brandt-Platten auch giebt. Sollten sie nicht
durch Stempelaufdruck als solche gekenn-
zeichnet werden, so ist Vorsicht bei Rem-
brandtdrucken, die aus der Schweiz oder
aus Holland kommen, geboten. Altes
Papier, wie das von Rembrandt benutzte,
ist nicht selten.

Über Rembrandts wirtschaftlichen Zu-
sammenbruch im Jahre 1656 veröffent-
licht derselbe Coppier in der November-
nummer der „Revue des Deux Mondes"
interessante und beachtenswerte Unter-
suchungen, die hier kurz erwähnt seien,
obwohl die Nachprüfung des Materials
einstweilen nicht möglich ist. Man hat
für Rembrandts Bankrott, der im Jahre
1656 durch eine Verfügung des Amster-
damer Magistrats erklärt wurde, bisher
immer nur verfehlte Spekulationen und
einen plötzlichen Modewechsel in künst-
lerischen Dingen als Ursachen angeführt.
Unaufgeklärt aber blieben dabei zwei
Thatsachen: einmal, dass der Erlös seiner
Sammlungen, die unter den Hammer
kamen, so überaus gering war (zirka
Joooo Mark) und dass seine Gläubiger
sich nicht auf einen Akkord einigten, bei
dem sie viel besser gefahren wären —
lagen doch für rund zwei Millionen Kunst-
werke und Antiquitäten nach dem Taxat

in der Konkursmasse. Dann die weitere Thatsache,
dass die Preise für Rembrandts Gemälde zur Zeit
des Bankrotts trotz des behaupteten Geschmackswech-
sels durchaus nicht nachgelassen hätten, sondern im
Gegenteil sehr hoch waren, sogar ungeheuer für da-
malige Verhältnisse, und dass fünf Jahre später, 1660,
eine der reichsten und angesehensten Amsterdamer Gil-
den, die Korporation der Tuchmacher, bei Rembrandt,
der gefallenen Grösse, ihr Repräsentationsbild bestellte.
Über diese Widersprüche kommt man, nach Coppier,
nicht hinweg, sondern muss eine andre Erklärung
suchen. Coppier meint nun, es habe damals eine regel-
rechte heimliche Verschwörung gegen den Meister be-
standen, weil er sich missliebig gemacht habe. Als ihm
drei Schiffe, an denen er als Kommanditist beteiligt war,
in holländischen Gewässern von Seeräubern weggenom-
men wurden, habe er sich höchst ausfallend über die
Regierung geäussert, die der Schiffahrt so wenig Schutz
böte. Ferner aber sei er als Mennonit und Freigeist

WILHELM JACOBSOHN, SELBSTBILDNIS

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