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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 7
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Bode, Wilhelm von: Frans Hals als Landschafter
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0241

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FRANS HALS, FISCHERKNABE

LEIPZIG, STÄDTISCHES MUSEUM

Hals führt bescheidene landschaftliche Hinter-
gründe in seinen Bildnissen und Studien ein, um
diese gewissermaßen zu lokalisieren. Durch den
Ausblick in einen französischen Garten gibt er
seinen Kavalieren noch mehr Ansehen; und seinen
lustigen Fischerjungen und kleinen Heringsver-
käuferinnen stellt er in den Dünen oder dem Meeres-
strand hinter ihnen den Paß aus auf Nordwyk,
Scheveningen oder sonst ein Fischerdorf der nahen
Küste als ihre Heimat. Wie wirkungsvoll ist
der Laubgang mit dem eleganten Pärchen, das
uns der Künstler hinter der in ihrem imposanten
Selbstbewußtsein unübertrefflichen Gestalt des Wil-
lem van Heythuysen in der Liechtenstein-Galerie
zu Wien sehen läßtl Einen ganz ähnlichen Hinter-
grund deutet er an in der Studie zu einem ähn-
lichen Bildnis in ganzer Figur im Buckingham
Palace zu London; hier ist der Dargestellte ein
junger, etwas blasierter Elegant, auf dessen Liebes-
abenteuer das Pärchen zwischen den Laubgängen

hinzuweisen scheint. Am reichsten aus-
gestaltet ist dieser Parkgrund auf dem
großen Amsterdamer Doppelbild des
jungen Ehepaares, das im Vordergrund
auf einer Rasenbank vor dichtem Busch-
werk sich niedergelassen hat: vor dem
Eingange zu einem schloßartigen Bau
blicken wir auf einen Platz mit großem
Springbrunnen, einer Statue vorn und
lustwandelnden Paaren, wohl den Gästen
des vornehmen Ehepaares, in dem man,
gewiß mit Unrecht, den Bruder von
Frans Hals, Dirk, mit seiner Gattin ver-
mutet hat.

Wieder zur lokalen Andeutung
der Herkunft oder Heimat der Dar-
gestellten öffnet Frans Hals in dem
prachtvollen Kniestück der „Frau des
Künstlers" (ist der Künstler Frans
Hals? vom Jahr 1635) durch ein Fenster
den Blick auf eine Stadt. Vor dem
im Nachglühen der bereits unterge-
gangenen Sonne aufgelichteien Abend-
himmel heben sich ein hoher gotischer
Kirchturm und ein paar schlanke Signal-
stangen (?) ab; ein höchst malerischer
Effekt und doch dem Bildnis gegen-
über dekorativ untergeordnet. Auch
in dem Familienbildnis mit kleinen
Figuren in Cincinnati, bei Frau Thomas J. Emery,
ist in dem stattlichen Haus und den Türmen in der
Ferne wohl das Wohnhaus der begüterten Familie und
ihre Vaterstadt angedeutet. In drei anderen großen
Familienbildern (in der National Gallery u. s. f.)
hat der landschaftliche Grund, dichtes Buschwerk
mit Ausblick in die flache Ferne, wohl keine be-
sondere Beziehung zu den Dargestellten. Diese
ist dagegen wieder deutlich ausgesprochen in einer
Reihe köstlicher Studien kleiner Verkäufer und Ver-
käuferinnen von Fischen. Bald bildet hier den
Grund nur eine hell beleuchtete Düne vor trübem
Himmel, bald ein paar ärmliche Fischerhütten
oder der Strand mit einem kleinen Ausblick aufs
Meer.

In diesen Genrefiguren macht sich noch stärker
als in den Bildnissen neben der Absicht der Lo-
kalisierung der Dargestellten das Bestreben geltend,
solche landschaftlichen Gründe auch zu künstleri-
schen Zwecken zu verwerten. Hals gibt seinen Bild-

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