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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0311

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deuten das Höchste und Originalste, was die Farbenlitho-
graphie überhaupt hervorgebracht hat. Nicht zufällig oder
äußerlich technisch. Man beginnt allmählich einzusehen,
daß dieser Mann, jahrelang für einen interessanten Spezia-
listen gehalten, einer der wenigen ganz großen Künstler
seiner Zeit war. Er beginnt in der öffentlichen Schätzung
langsam aber immer hartnäckiger Edgar Degas den Rang
abzulaufen.

Die Ausstellung, deren Höhepunkte hier aufgezeigt wur-
den, ist bereichert durch einige Handzeichnungen der be-
treffenden Künstler, Dinge, die heute in Deutschland auch
ziemlich selten geworden sind. E. W.

KARLSRUHE

Nachdem der neue Galeriedirektor Prof. W. F. Storck
mit der großzügig durchgeführten Neuordnung der
Gemäldegalerie Richtung, Weg und Ziel seines Wir-
kens hier umschrieben hatte: alten Kunstbesitz zu ver-
lebendigen, scheinbar isolierte Erscheinungen in logische
Zusammenhänge einzuordnen, überall die Fühlung mit dem
Leben der Gegenwart und Zukunft zu suchen, hat er durch
eine bald darauf einsetzende rege Ausstellungstätigkeit in
der Kunsthalle weiter in diesem Sinne aufs Erfolgreichste
gewirkt. Zuerst galt es, einmal das Lebenswerk des ersten
Karlsruher Akademiedirektors J. W. Schirmers in einer
reichen Auswahl der Öffentlichkeit zu zeigen, womit nicht
nur eine Pflicht der Pietät erfüllt wurde, womit auch manches
Urteil über diesen „Akademiker", (der doch mehr war) korri-
giert wurde. Das zweite war eine Ausstellung badischer
Keramik, die weit über die Grenzen Badens hinaus Bedeu-
tung hatte, die vor allem die überragende Persönlichkeit
Max Läugers zur verdienten Geltung brachte. Sehr erregend
für den noch mit vielfachen Vorurteilen belasteten Geist
des Karlsruher Bürgers war eine Ausstellung religiöser
Kunst, hier wurde neben Kopien altdeutscher Glasgemälde
und der anerkannten Kunst der Nazarener das Werk des
jungen begabten Neuerers Willi Oeser gezeigt, für den
Unbefangenen konnte nur ein Beweis dafür geliefert wer-
den, daß auch heute wieder in großen Einzelnen die Kraft
zu innerlichster, wenn auch undogmatischer religiöser
Malerei aufgebracht werden kann. — Die einander folgenden
Ausstellungen des extremen Naturalisten Poeckh und des
bedeutenden Expressionisten Babberger zeugten davon, daß
hier keinerlei Richtung bevorzugt wird, daß nur Qualität

gilt. (Daß die Ausstellung des „revolutionären" Künstlers
August Babberger hier in Karlsruhe einen Akt besonderer
Initiative seitens des Ausstellungsleiters bedeutete, gehört
in ein betrübliches Kapital für sich). Vor allem aber ist
durch die seit Oktober mehrfach abgeänderte und ver-
vollständigte Ausstellung deutscher Plastik des Mittel-
alters, die vorraussichtlich noch bis Ostern in der Kunst-
halle zu sehen sein wird, dem Publikum eine ganz seltene
Gelegenheit geboten, tiefere Fühlung mit der jetzt wie-
der zu neuer volkstümlicher Geltung gelangten Kunst des
Mittelalters zu nehmen, durch ausgezeichnete methodische
Anordnung gelangen die ausgestellten Werke (Gipsabgüsse
der Freiburger Münsterplastik, Originalskulpturen des 14.,
15. u. 16. Jahrhunderts vornehmlich aus der Oberrhein-
gegend und zum Teil auf das natürliche Maß vergrößerte
photographische Aufnahmen, unter denen die des Mar-
burger kunsthistorischen Seminars hervorzuheben sind) zu
wirksamer Anschaulichkeit. Im Laufe dieses Sommers
wird ferner eine Ausstellung von Werken aus Karlsruher
Privatbesitz zustande kommen, die dem Anscheine nach,
ungeahnte Schätze ans Tageslicht fördern wird.

M. R.

PRAG

Im Lichthofe des Rudolfinums versammelte die deutsche
Künstlergruppe „Die Pilger" ihre Mitglieder und geladene
Gäste. Geistiger Führer ist August Brömse, eine grübelnde,
ernste, spröde Natur, an Max Klinger erinnernd und neuer-
dings von Münch stark beeinflußt. Emanuel Hegenbarth,
Walther Klemm, Alfred Kubin, Moriz Melzer, Emil Orlik,
unterstützten durch Einsendungen ihre Landsleute, ohne
aber dabei neue Seiten ihrer Kunst zu zeigen. Unter dem
jungen Nachwuchs fallen Maxim Kopf und Julius Pfeiffer
auf, obgleich sie in expressionistischen Konventionen be-
langen sind und dem Geschmäcklerischen sich nicht ganz
entziehen. Ein eigenartiges Mißgeschick traf die Veran-
staltung. Wegen Baufälligkeit des Glasdaches mußten die
Räume gleich nach dem Eröffnungstage geschlossen werden.
Es ist fast ein Symbol für das Unglück, das die deutsche
Kunst in der tschecho-slowakischen Republik verfolgt. Jeder
Ansatz zu einem Kunstleben wird zerstört. Und Abhilfe
können nicht kleine Gesellschaften bringen, es kann nur
eine großzügige, straffe Organisation tun, die von einem
Zentrum aus das ganze Land bestreicht. E. Utitz.

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CHRONIK

REINHOLD LEPSIUS +
■Vum Tode von Reinhold Lepsius, der im Alter von vier-
t-1 undsechzig Jahren gestorben ist, schreibt uns Hans
Purrmann:

Reinhold Lepsius hatte als Künstler großen Geschmack;
seine Kunst machte er einer durchaus hochstehenden Ge-
sellschaft dienstbar. Er liebte die Darstellung geistvoller und
zugleich mondäner Gestalten.

Oft hat er Aufmerksamkeit erregt mit seinen ausgezeich-
neten Porträts; und doch werde ich das Gefühl nicht ganz
los, als habe man den Künstler nicht voll erkannt und
geschätzt und, wie so oft, eine Kraft etwas brach liegen
lassen.

Das lag nicht daran, daß man durch die Neuig-
keit einer Kunstanschauung abgeschreckt war, sondern
daran, daß man dem Künstler nicht mit Geduld zusah, wenn

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