Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Scheffler, Karl: Max Liebermann als Illustrator
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0254

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MAX LIEBERMANN, ILLUSTRATION ZUR „NOVELLE" VON GOETHE

MAX LIEBERMANN ALS ILLUSTRATOR*

VO N

KARL SCHEFFLER

sie Lust zum Illustrieren
ist Liebermann im Kriege
gekommen. Den Sieben-
zigjährigen hat es gereizt
zum Erlebnis des Krieges
als Künstler Stellung zu
nehmen; die Ereignisse
und Stimmungen jener
Zeit verarbeitend, hat er Zeichnungen gemacht, die
man in gewisser Weise der Illustration zurechnen
darf, trotzdem sie sich an einen gegebenen Text
unmittelbar nicht anlehnen.

Hieraus ist in natürlicher Weise dann der Ge-
danke erwachsen, die „Kleinen Schriften" Heinrichs
von Kleist zu illustrieren.** Diese auch in einer

* Alle diese Illustrationen sind nach Federzeichnungen
Liebermanns von O. Bangemann in Holz geschnitten.
*• Bei Bruno Cassirer, Berlin.

krisenhaften Zeit entstandenen Gelegenheitsschriften
— Aufrufe, kleine Erzählungen, Anekdoten —,
alle irgendwie berührt vom Atem geschichtlicher
Wende, könnten von weitem gesehen als ein selt-
sames Objekt der Illustrationslust erscheinen; für
Liebermann sind sie aber der Übergang geworden
von den Kriegszeichnungen zur rein epischen
Illustration. Das äußert sich auch darin, daß er
sich zuerst der Kreidelithographie, später aber
der reinen Federzeichnung, die in Holz geschnitten
werden kann, bedient hat. Künstlerisch sind
die Illustrationen zu Kleists Schriften noch un-
gleich; man spürt, daß der Künstler sich in ein
neues Arbeitsgebiet einfühlt. Um so mehr als
er nicht von Natur, wie man weiß, ein Er-
zähler ist, als ihm der Drang zum Illustrieren
erst am Ende des Lebens kommt, als er seinem
Wesen nach von je ein Ergründer sichtbarer Wirk-

237
 
Annotationen