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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 12
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Elias, Julius: Wilhelm von Bode
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0437

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EDOUARD MAN ET, DIE CROQUETPARTIE

STÄDTISCHE GALERIE

WILHELM VON BODE

VON

JULIUS ELIAS

Am zweiten August war Wilhelm von Bode fünfzig Jahr
im Amt. In jenem Amt, das er sich selbst geschaffen
hat, das vor ihm nicht da war. Den Generaldirektor der
Berliner Museen hat er längst abgelegt; er ist kein Direktor
mehr; aber General ist er geblieben: der innerlich leitende
Geist. Und als der General museumbildender Faktoren
wird er in den Sielen sterben. Was der Herr der Heer-
scharen noch weit und lange hinausrücken möge.

Wir können ihn nämlich noch brauchen, diesen leiden-
schaftlichen, rücksichtslos und mutig einer Sache dienenden
Mann. Wohl sieht er, ,,one-ideaed" wie alle bedeutenden
schöpferischen, also subjektiv wirkenden Köpfe, darin zu-
nächst seine Sache; wir aber wissen, daß es die Sache
Deutschlands ist. Und das ist das Wesentliche. So wird
der Kampf um die Vollendung der Museumsbauten, die
Bode mit solcher Energie betreibt (betreiben muß, denn es
ist nichts mehr und nichts weniger als ein Lebenswerk, das
er in Gefahr sieht) ihm unversehens zu einer symbolischen
Handlung. Was er erstrebt, das ist die äußerste Auf- und

Ausstellungsmöglichkeit der von ihm, durch fünfzig Jahre
gewonnenen Schätze oder richtiger: des qualitativen Teils
der Schätze. Seine Handlung aber ist ein Symbol für die
deutsche Sehnsucht, ein ideales Besitztum zu behalten, in
einer Zeit fortschreitender materieller Erniedrigung und
Verelendung. Etwas, das ein wirkliches Denkmal von ver-
gangenen Blütetagen ist und Quelle seelischer Aufrichtung
bleiben kann. Die politische und ökonomische Entwick-
lung nach unten hat mit sich gebracht, daß wir unser Herz
hängen an solche Imponderabilien.

Henrik Ibsen, der ja doch früher Maler gewesen ist,
nannte einmal die Museen mürrisch: „Grabkammern".
Räume, in denen eine einst aktuelle Kunst eingesargt ist.
Er hatte wohl auch recht, von den Erfahrungen seiner
Jugend und seiner mittleren Jahre aus. Dem Mann aber,
den zu feiern wir jetzt allen Anlaß haben, wurde und blieb
das Museum eine Stätte lebendigsten Lebens, wo der ver-
gangene Künstler-Mensch sich auswirkt, als sei er ein Stück
unserer eigenen Zeit und als wünsche er Einfluß zu ge-

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