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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 11
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0417

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DEUTSCHER PAVILLON VENEDIG 1922
EINGANGSSAAL

Der Verlag Bruno Cassirer hat in einem Prospekt, der
das von Max Slevogt mit Lithographien illustrierte Märchen
„Die Inseln Wak-Wak" anzeigt, einige Worte über den Stil
der Illustration gesagt, die grundsätzlich wichtig sind und
hier darum wiederholt werden mögen:

„Den Büchern mit lithographischen Zeichnungen ist der
Vorwurf einer gewissen Stillosigkeit gemacht worden. Er
gründet sich darauf, daß der Text des Buches mittels eines
Hochdruckverfahrens hergestellt wird, während die Litho-
graphie ein Flachdruckverfahren ist. Uns erscheint dieser
Vorwurf nicht berechtigt, denn die Forderung nach ab-
soluter Stilreinheit und Stileinheit faßt die Grenze des
illustrierten Buches viel zu eng. Die Lithographie hat ihre
Berechtigung zur Illustration schon durch die Freiheit und
technische Unbegrenztheit erwiesen, die sie dem Künstler
gewährt. Die Ideen über die Stileinheit des Buches, die
auch heute noch propagiert werden, sind immer noch eine
Folge des Einflusses, den das moderne englische Buch vom
Ende des vorigen Jahrhunderts auf unsern kunstgewerb-
lichen Geschmack ausgeübt hat. Die Vorzüge des eng-
lischen stilreinen Buches waren aber auch seine Fehler. Dem
freien Künstler ist im englischen Buch nicht genügend
Spielraum gelassen worden. So entstand die sonderbare
Spezies des Buchstilisten, des Buchgewerblers. Die eigent-
lichen schöpferischen Talente waren von der Mitarbeit am
Buch aus stilistischen Gründen ausgeschlossen.

Es mußte eine Möglichkeit gefunden werden, die be-
deutendsten illustrativen Talente zur Mitarbeit heranzuziehen.
Denn es geht nicht an, einen Unterschied zwischen male-
rischer und buchgewerblicher Begabung zu konstruieren.
Die Möglichkeit der Mitarbeit am Buch ergab sich sofort,
als die Lithographie dem Buch dienstbar gemacht wurde,
Denn sie ermöglicht dem Künstler ein Zeichnen, wie er
es gewohnt ist. Die streng buchgewerblichen Fesseln waren
damit gesprengt, das illustrierte Buch wurde nun eine freie
Schöpfung.

Das Gelingen der Zeichnungen auf den Steinen, ge-
eignetes Papier und Handdruck sind Vorbedingungen für
eine einwandfreie Druckleistung, aber sie garantieren sie noch
nicht. Von dem Augenblick an, wo der Künstler die Litho-
graphien auf den Stein zeichnet, bis zum fertigen Buch ist
die Möglichkeit zahlloser technischer und künstlerischer
Fehler gegeben. Zunächst war in Deutschland eine lange
Erziehung des Druckers notwendig, um sein Auge für feinste
Abstufungen und die Absicht des Künstlers zu schärfen,
und vor allem um bei ihm den Respekt vor der künstle-
rischen Arbeit zu erwecken.

Schon beim Ätzen der Lithographie auf dem Stein
kann die Zeichnung entstellt und vergröbert werden.
Es bedurfte jahrelanger gemeinsamer Arbeit mit dem
Drucker, um in dieser Hinsicht eine gewisse Sicherheit zu
erreichen."

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