Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0020

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
27

Kunstliteratur,

28

sich ciu ausfilhrticher Bcricht in der als Manuscript
gedrncktcn Schrift von M, F. Germann*) findct.
Die S. 58—64 vcrzeichnete unkritische Zufammen-
stellung dcr Literatur verdentlicht, mit welcher Reg-
samkeit vvn jeher iiber Cranach geschricben ist. Er
genießt eine unbestreitbare Vvlksthümlichkeit; dennoch
darf cr als Künstlcr nicht in einem Athemzuge mit
Dürer oder Holbein genannt werden. Seine Stärke
ist im Holzschnitt, nicht in scinen Bildern zn suchen.
Man mag für den bicdern nnd treuherzigen, mit den
Männern der Reformation eng verbundenen Charaktcr
lebhaftes Jnteresse hegen; ihm aber die Bedeutnng
cines eigentlichen Trägers der rcformatorischcn Jdee zn
vindiciren, ist unzulässig.

Trotz der eingehcnden Monographie Vvn Schn-
chardt, die im Einzelnen der Nevisivn bedars, ist in
Cranach's Leben und Knnstthätigkeit noch manche lln-
klarheit aufzuhellcn. Jn scinem Beitrag zur Geschichte
der Familie von Cranach sucht Warncckc auf Grnnd
nrkundlichen Materials unrichtige Angaben zn wnder-
legen und durch neue, bessere Kenntniß zn ersetzen.
Das Werthvollste ist die Mittheilung ciner kleinen
Handschrift „Historia von Lucas Cranach sonst Malcr
genant, dem eltisten", im Besitz des Landdrosten von
Cranach zu Hannover. Sie besteht aus vier, von
Valentin Sternenbroke im Jahre 1609 beschriebenen
Aktcnseiten, Anfzeichnungen aus dem Mnnde Lncas des
Mittleren, eine Episode aus dem Leben des Meisters
behandelnd. Nebensächliche Einzelheiten im Wortlaute
des mitgctheilten Gespräches zwischen Karl V. und
Lucas Cranach mögcn bei strenger Prüfung als nn-
genan sich erweiscn und in Widcrspruck zu der latei-
nischen Denkschrist des Matthäus Gnndcram stehen.
Aber dic Aussagen über Lucas Cranach's Familien-
beziehnngen sind insofern entschieden glaublvürdig, als
Sternenbroke in nah verwandtschaftlichem Verhältnisse
zu dem Meister gestanden. Er war mit einer Enkelin
desselben verheirathet, kannte vermuthlich dcn Groß-
vater seiner Fran noch persönlich nnd hatte seine
Nachrichten unmittelbar von dessen Sohn erhalten.

Um den bisherigen Streit iiber den ursprünglichen
Faiiiiliennameii Cranach's endgiltig zu schlichten,
citiren wir die bezeichnendste Stelle aus der „Historia",
wo Cranach selbst dem Kaiser Karl V. gesteht: . . . „Er
hieße Vvn seinen eltern Lucas Muller, auß der Stad
Cranach in Francken, Man hieße in abcr von seiner
knnst Lucas Maler, vnd der Chnrfurst zu Sachsen
hatte in Vvn seinem vaterlande Lncas Cranach gcnandt".
Demnach hieß der Bater nnseres Lucas, ein schlichter

*) Die Cranach-Feier 1872. Als Manuscript gedruckt.
Dresden, Druck von E. Blochmann und Sohn. 1873.
gr. 4°. 80 S.

Stubeumaler in Kronach, nicht Sunder, ivie neuer-
dings wieder geltend gemacht ist, sondern Müller.

Die niederländische Reise Cranach's, an welche
die „Historia" sodann anknüpft, soll im Jahre 1509
stattgefnnden haben. Sternenbroke's Bericht involvirt
das Jahr 1502 als chronologische Bestimmnng, wider-
spricht sich indessen augenscheinlich durch die Mit-
theilung, daß Cranach damals den im Jahre 1500
^ geborencn Karl V. als „jung Herrlein" mit einem
„tolchlinc vnd rapierline" gemalt habe. Die Frage
würde sich genauer entscheiden laffen, wenn Cranach's
Bild sich crhalten hätte.

Warnecke veröffentlicht ferner zum ersten Male
den vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen für Lucas
Cranach im Jahre 1508 erlaffenen Original-Wappen-
brief. Die Knnstanstalt von C. A. Starke in Görlitz
reproducirt auf einer chromolithographischen Tafel ge-
^ treu das Wappen, welches statt der Helmdecke bereits
den Wappenmantel zeigt und der vor Erthcilung des
Wappenbricfcs von Lncas Cranach gebrauchtcu Markc
fast gleicht, wie ans dcm Zcichen auf dcm Bcrliner
Gemälde (Venus mit Amor 1506) und aus einem
Holzschnitt (Bartsch, VII, dir. 103) erhellt. Auch eine
vielleicht vor 1508 getnschte Federzeichnung kommt hier
in Betracht (bei Schnchardt III, S. 153, Nr. 48 er-
wähnt), welche dcr Vcrfaffer zuni crsten Male ver-
öffentlicht. Aber Gcstaltnng dcs Wappens nnd Jn-
halt deS Wappcnbriefes lassen die Annahme von des
Meisters Erhebnng in den Adcls- vder Ritterstand
nicht zu. Gegenübcr den unvollständigen nnd ivenig
zuverlässigen Angabcn iiber Cranach's Nachkommenschaft
hat der Verfasser ciucn bis anf dic Gegenwart hinab-
reichendcn Stammbanm der Familie hcrgestcllt, eine
Ilebersicht dcr Stammhalter gcgeben nnd dnrch Er-
örternng mannigfaltigergcnealogisch-heraldischcrFrage»,
wofür die Belcgc in cinem Anhange znsammengestcllt
sind, die Schrift bcreichert.

Die dnrch gewiffenhafte O.nellenforschnng aus-
gezeichnctc Arbeit ist dem Grvßhcrzvge von Sachscn
gewivmet, mit vortrcfflich kvmpvnirten Kvpfleistc»,
Jnitialen und Schlnßstücken geschmückt und anf das
Vvrnehmstc nnd Geschmackvollste ausgestattct.

^ ^ ll. v. I).

Auiisthandel.

4V. Kunsllagcr-Kataloge. Hr. Kunsthändlcr Fr. Mcyor
in Dresden gab socbcn scincn fünften Lagerkatalog hcraus,
der nicht allein durch llmfang (er zählt2l l8 Nrn.i, sondern
auch durch den künstlerischen Gehalt die Kunstfrcnnde zu»i
Durchsehen und zur Bereicherung ihrcr Kunstschätze anregen
dürfte. Neben Blättern, Stichen wie Radirungen von
Äünstlern aller Schulen, die immer wieder von Sainmlcrn
gcsucht werden, fielen unS nianche Seltcnheiten auf, die be-
sonders genannt zu werdcn verdienen, so Holzschnitte von
H. Baldung und Burgkmair, kostbare Hauptblätter von
Dürer, Goltzius, Longhi, Mandel, Mantegna, R. Morghen,
Marc-Zlnton, Rcmbrandt (der reich vertreten ist), A. vou
 
Annotationen