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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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435

Nekrologe.

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war, wie er überhaupt jeben jüngeren Knnstgenossen
ftets mit Rath und That unterstützte, dcsglcichen seine
Beniühungen uin die Verbreitung antiker Kniiststndien,
der er auch schriststellerisch in einem Werkchen voll
zahlreicher schätzbarer sachmannischer Bcobachtungen
seine Kraft lieh'').

Die Freundlichkeit seines Wesens gcgen Jeder-
mann, ein Wohlthätigkeitssinn, der ihn oftmals soweit
trieb, geradezu seine persönlichen Jntereffcn zu verletzcn,
erwarben ihm in gleicher Weise wie seine künstlerische
Bedcutniig die Verehrung und Zuneigung Aller, die
niit ihm in Berührung standen. Ein glänzender Be-
weis dasür war der rcge Antheil der gesamniten Künst-
lerschaft Roms, als es sich darum handelte, dnrch eine
mit den zahlreichsten Unterschristen versehene Bitt-
scbrift an die preußische Regierung eine wesentliche Er-
höhung seiner Pension zn erwirken. Der bis in's
Greisenalter rastlos thätige, stets neue Pläne faffende
Künstler hatte, nackdcm er vor etwa drei Jahren ein
Asthma mit Hilfe seiner rüstigen Natnr überwunden,
das Unglück eines Beinbruches, der, nngünstig geheilt,
eine erneute Kur zur Folge hatte. Nachdem er von
diesen lörperlichcn Leiden glücklich genesen war und
neue Lebenskräfte gesammelt hatte, unternahm er einen
Ausflug nach Neapel, um stch vollends an der Meeres-
luft zu erfrischen. Leider sollte diese Hoffnung getäuscht
werden: eine Erkättung, die er sich zugezogen, nöthigte
ihn zu schleunigster Rückkehr nach Rom, wosclbst er
nach knrzem Krankenlager am Morgen dcs 29. Sept.
1879 siebenundsiebzigjährig sanft cntschlummcrte. Die
Gefühle der Trauer nnd Verehrnng, die in gleichem
Maaße dem edlen Menschen wie dem bcgeisterten Vor-
kämpfer idealer deutscher Kunst galten, sanden ihr sin-
niges Symbol in dem Lorbeerkranze, den der deutsche
Künstlervercin, deffen langjähriges trcues Mitglied er
gewesen, deni Verblichenen mit in dic Gruft gab, die
ihm da dranßen „neben dem Heidengrabstein", dessen
Schatten, um mit Platen's Worten zn reden, ja so
manches nordische Grab kiihlt, bereitet ward.

Rom, im März 1880. Paul Schöuftld.

Lco Schocniiigcr ch. Am 20. December 1879 hat
der Tod ein paar Angen geschloffen, welche die Sorgen
gar manche Nacht offen gehalten. Leo Schoeninger,
vor dreißig Jahren ein viel genannter Künstler, ist an
diesem Tage im 69. Jahre eines mühevollen Lebens
heimgegangen, das sich erst an seinem Schlusse zu seinen
Gunsten gestallet und ihm möglich gemacht halte, sich
ganz den zärtlich geliebten Seinen widmcn zu' können.

Wenig bemittelten Eltern am 21. Januar 1811
in der Siadt Weil geboren, lernte Schoeninger früh bie
Nothwenbigkeit kennen, den Kampf ums Dasein zu
kämpsen, unb arbeitete schon als vierzehnjähriger Knabe
in ber lithographischen Kunstanstalt ber Brüber Boisserse
in Stuttgart. Nach einem breijährigen Aufenthalte ba-
selbst ging Schoeninger im Jahre 1828 nach München,
wo ihm bas unter König Lubwig I. erblühte Kunst-
leben eine gesicherte Existenz zu bieten versprach. Jn-
deß befrietigte ihn daselbst seine Beschäftigung als Litho-

') Kurze Anleitung zu einem zweckmäßigen Besuche der
päpstlichen Museen antiker Bildwerke, des Vatikans und
des Kapitols, sür Künstler und Kunstfreunde. Berlin 1870.

graph nicht vollkommen, unb so wenbete sich Schoeninger
ber Malerei zn nnd warb 1832 Schüler der Akadcmie.

Er hatte dieselbe cinige Jahre hinter sich gebracht,
als eine interessante Erfindung des k. Universitätspro-
fessors Franz von Kobell allgemeines Aussehen erregte.
Es betraf dieselbe die Anwendung der Galvanoplastik zur
Herstellung von Kupferstichen und bestand in dem Ver-
fahren, Gemälde in Tuschmanier durch den Kupferstich
ohue Aetzen, Radiren oder dergleichen zn vervielfältigen.
Der Erfinder nannte sein Versahren Galvanographie.
Kobell lrug die Zeichnung aufrecht auf eine polirte
Silberplatte oder auch auf eine mit Silber überzogene
Kupfcrplatte auf, wobei er sich eincs Pinsels und einer
gewissen dunklen Farbe bediente. Dann brachle er die
so bemalte Platte in ein galvanisches Kupferbad, wobei
ein Kupferniederschlag erfolgte; hatte dieser eine zurei-
chende Dicke gewonnen, so wnrde er von der präparirten
Platte getrennt und ein galvanoplastischer Abdruck davon
genommen, der sich als eine vollkommene Kopie der-
selben erwies und wie jede gestochene Kupferplatte be-
handeln ließ.

Schoeninger nahm an Kobell's Erfindung lebhaften
Antheil und stellle mit derselbcn zahlreiche Versuche an,
mußte indeß bald die Erfahrnng machen, daß ber Ge-
brauch des Pinsels und der Farbe dabei mit erheb-
lichen Schwierigkeiten verbunden war. Als erfahrener
Lithograph läm er auf den Gcdanken, an die Stelle
des Pinsels und der Farbe schwarze Kreive zu setzen
und mit bieser auf vie Platte zu zcichnen, wie der Litho-
graph auf den Stein. Das war aber nicht möglich,
wenn die Platte polirt war; bie Politur nahm natürlich
keinc Kreide an- Die Platte mnßte also vor allem rauh
gemacht werden. Zuvörderst vcrsuchte Schoeninger dics
durch Tamponircn der Plattc mittels einer dnrch Tcr-
pentin verdünntcn Oelfarbe zu erreichen, indem cr anf
den so entstandenen rauhen Grund mit Kreide zeichncte.
Bei kleineren Platten gelang diescs Berfahren lciblich,
viel weniger aber bei Herstellnng größerer Platten. Es
galt somit, ein entsprechenbcrcs Verfahrcn zu erfinden,
unb Schoeningcr verfiel nun darauf, die Kupferplatte
rcgelmäßig zu roulettiren nnd, nachdem diese Proccdur
vorüber war, davon einen galvanoplastischcn Abdrnck zn
machen. Und in dcr That erhielt cr nun eine Platte
mit einem Korn, das die größte Aehnlichkeit mit dem
des geköpertcn Solenhofer Lithographie-Steines zcigte,
und auf die er mit der größtcn Leichtigkeit die gewünschte
Kreidezeichnung auftragen konntc. Dcr von der so prä-
parirten Platte genommcne galvanische Abdruck diente
nun als Drnckplatte nnb ward je nach Bedürfniß noch
mit Nadirnadel, Grabstichcl unv Polirstahl bearbeitet,
Methoden, welche beim Zeichnen auf Stcin ausge-
schlossen sind.

Man sieht, die Galvanographic Schoeninger's hat
mit der Kobell's wenig oder gar nichts mchr gcmcin, unv
sie war cs, die nach kurzer Frist als gleichberechtigt
neben die Lithographie und den Kupferstich trat. War
es schon ein großer Gewinn, auf galvanoplastischem Wege
eine bclicbige Anzahl vollkommcn glcichcr Platten cr-
zeugen zu können, was nicht ohne großen Einfluß auf
die Preise der vvn ihnen abgezogcnen Blätter bleiben
konnle, da es beispiclswcise möglich war, glcichzeitig mit
einem halben Dutzcnb und mehr Originalplatten zu ar-
beiten, so stieg die Anzahl der zu gcwinncnden Blätter
ohne Beschränlüng, seitdem Schoeninger die Küpferplatten
 
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