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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Die Kunstthätigkeit in Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0252

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Die Kunstthätigkeit in Karlsruhe.

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Petersen, Ernest Preyer, Puhlmann, Röth, Schick,
Schmitson, Schmitt-Hald, Sinding, Schröder, Sturm,
Taulow, Thoma, Uetz, Vosberg, Vollweider, Wernecke,
Wagner, A. v. Werner und Andere herangebildet;
Bildhauer wie Blöst, Volke, Volz haben sich mehr
als lokalen Ruf erworben. Von der hier thatigen
jüngeren Künstlergeneration sind aber mehr oder we-
niger tüchtige Maler, tvie Borgmann, Bracht, Brünner,
Dammeier, Gleichanf, Hesse, Hörter, Kanoldt, Klose,
Knorr, Krabbes, Konrad Lessing, v. Meckel, v. Raven-
stein, Rheinemann, Röchling, Roman, Schirm, Tnttins,
Ulfsteen, Vischer, Zorn, in weiteren und weitesten
Kreisen bekannt geworden. Ein gewaltiger Unterschied
zwischen sonst und jetzt ist daher zu konstatircn, und
obgleich das füufundzwanzigjährige Jubiläum unserer
Kunstschule durch keine Feierlichkeiten nnd Feste ver-
herrlicht wnrde, so darf doch der edle Fürst, der sie
ins Leben rief, die Stadt, welche den materiellen Ge-
winn etwa der dreifachen Summe einnimmt, die das
Land der Anstalt zuwendet, endlich dicses selbst, wel-
ches ihre Existenzfähigkeit seit der kurzen Zeit ihres
Bestehens als Staatsinstitut gesichert hat, mit gerechtem
Stolz auf diese Zierde unserer Heimat blicken. Ver-
bürgen die genannten "Künstlernamen die qualitative
Leistungsfähigkeit unserer Künstlcrwelt, so darf wohl
hier über die quantitativeu Leistungen derselben eine
statistische Notiz angeführt werden. Der Sekretär der
Abtheilung für auswärtige Ausstellungen des Vereins
bildeuder Künstler verschickte in den letzten sechs Jahren
824 hier gemalte Bilder im Werthe von 644,750 Mk.,
darunter im letztcn Jahre nach München 44 Stück im
Werthe von 96,750 Mk. und in diesem Jahre 30 Ge-
mälde zu 78,000 Mk. Werth nach Düsseldorf; dar-
unter sind nicht mitgerechnet direkt ani Ort verkaufte
Bilder, Wandmalereien und viele auf Bestellnng ge-
malte Werke, zum Theil von hoher Bedeutnng, endlich
was mehr als einmal von hier aus auf Ansstellungen
gesendet wurde. Nach den Gegenständen vertheileu
sich die hiesigen Lcistungen der letzten beiden Jahre
folgendermaßen.

Die religiöse Malerei ist seit Des Coudres' Tode
hier kaum vertreten. Wenn von mancher Seite über
den Verfall dieser Richtung in unserer Zeit geklagt
wird, so möge man vor Allem der Kirche selbst die
Schuld znr Last legen, die fast nirgends mehr Kunst-
werke verlangt, sondern sich meistens mit der trivial-
sten Fabrikswaare begnügt.

Die Historienmalerei ist zur Zeit hier nur dnrch
Prosessor Ferdinand Keller vertretcn; seiu „Markgraf
Ludwig vou Baden in der Schlacht von Szlancament"
ist von München her bekannt, scine neueste Leistung,
„Hero und Leander", wird den Referenten über die
Düsseldorfer Ausstellung Zcugniß davon ablegen, daß

Kcller in diesem Werke neben der Größe und dem
Schwunge der Auffassung und unter Bewahrung seiner
glänzenden und tiefen Farbengebung eine Vollendung
und Harmonie der Stimmung, eine Durchbildung des
meisterhaft modellirten Nackten und eine prägnante
und tiefe Erfassung des Gegenstandes zeigt, wie a»
keinem seiner früheren Werkc. Keller, dessen bcispicl-
lose Virtuosität in der Bewältigung aller Stosfe,
welche er wählt, selbst von gegnerischer Seite als seine
Stärke unbedingt zugestanden wird, gewinnt täglich
mehr durch Vertiefung in seine Kunst, durch Ueber-
windung der inneren Schwierigkeiten, der Unruhe nnd
Leidenschaftlichkeit der Seele, durch Beherrschung der
unablässig zuströmenden Gedanken, die gebannt sein
wollen, — Schwierigkeiten, mit welchen nur Künstler
von ähnlicher Ucberfülle der Phantasie, nicht die klug
berechnenden Talente zu kämpfen haben. Unsere rasch-
lebige Zeit, die als Beweis der künstlerischen Begabung
eine gesteigerte Produktivität verlangt, dem Küustler
durch die übertriebene Anhäufung großer Kunstaus-
stellungen ganz ungerechtfertigte Verpflichtungen auf-
erlegt, ohne ihm Zeit zu ihrer Erfüllung zu lassen,
ihm trotzdem nur in seltenen Fällen volle Entschädi-
gung für seine Kraftanstrengnng gewährt, ist für dic
Kunst und die Künstlcr in vieler Beziehnng gefahr-
bringend, ganz besonders aber für die phantasiereichcn
von virtnosem Kvnnen, wenngleich sie auch manches
zaghafte Talent zu resolutem Erfasseu seincr Aufgabc
nnd zur Conceutration seiner Fähigkeiten zwingt und
insofern Gutcs schafft. Eine sv frische, unerschöpf-
liche Künstlernatur wie Keller, dessen Leistungssähigkcit
mit jedem Jahre wächst, wird Dank der vielseitigen u»d
intensiven Begabung gewiß den Höhepunkt crrcichc»,
den sein Gcnius erstrebt. Außer den genannten Gc-
niälden hat Keller im letzten Jahre das Porträt dcs
Generals Wcrder vollendct, ebensv einige kleinerc Ar-
beiten, kürzlich in Rom drei grvßere Bilder, und a»
bedeutcndcn Anfträgen sür die nächste Zeit fehlt cs
nicht. Darüber gelegentlich später.

Die Figurenmalerei vcrtreten anßer Professo»'

! Fcrdinand Keller die Profcssoren Hildebrand, dci'
seinen gesunden Ncalismns in Paris und Berlin gc-
wann, und Karl Hoss, der ehcmalige Schüler Dcs
Coudres' und Vautier's, welche in Münchcn dm'ch
einige ebenso sinnige wie vorzüglich durchgefühi'to
Genrebilder vertreten tvaren. Hildebrand aber hot
anßcr seincn Bildern „Bange Stunden" und „Zcche»do
Landsknechtc" cin rcizcndes Stilllebcn, ferner cinig^
Pvrträts, darnntcr das vvn vvllendeter Meistcrschast
zeugcnde des Großhcrzvgs von Baden, gcmalt, Hosl
außcr „DesSohncs letzterGrnß" und „StillerBesnch"'
eine Bondoirscene, „Modcrne Vcnus", von fcinstei"
Farbenrciz, Geschmack nnd vvrnchmer Haltnng. A»-
 
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