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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0302

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591

Kunstliteratur.

592

Das Verdienst Lessing's besteht im vvrliegenden
Falle darin, alles einschlagige Material gesichtet und
archivalisch fixirt zu haben. Mit welcher erschöpsenden
Gründlichkeit dies geschehen, geht z. B. daraus hervor,
daß er 47 bisher unbekannte Kupferstiche des Künst-
lers verzeichnet (Andresen, Handbuch 1870 kennt deren
nur 5),und daß er an der Hand dieser letzteren Eisenhoit's
Gebnrtsjahr 1554 und seine technischen Stativnen auf
einer langen Wanderschaft dnrch Deutschland und
Jtalien nachweist. Das begreifliche Hauptinteresse
widmet der Verfasser sodann den sechs Meisterwerken
kirchlicher Goldschmiedekunst, welche der Herdringer
Familienschatz, aus dem Nachlasse Theodors von Fürsten-
berg, Fürstbischofs zu Paderborn (1585—1618), auf-
weist, und die aus einem Rauchfasse, Kelche und Cruzi-
sixe in gothisircndem Stile, einem Weihwasserkeffel mit
Sprengwedel und zwei Silbereinbänden eines römischen
Pontisikals und Kölner Missals im reichsten Renaissance-
geschmack bestchcu. Die mit vergleichendeu Aper^us
und historischen Aufschlüssen ausgestatteten Beschrei-
bungen der eiuzelnen Gegeustände sind in ihrer knappen
und dennoch bis zur Veranschaulichung lebendigen Be-
schreibung mustergiltig. Es werden dann auch uoch
einige andere Silberarbeiten Eisenhoit's erwähnt, von
denen aber leider nur eine als noch existirend nnd im
Besitze des Freiherrn Ad. von Uirstenberg auf Schloß
Lörsfeld befindlich bezeichnet wird. Es ist dies ein
0,15 hohes nnd -0,08 breites Kußtäfelchen, bestehend
aus einer im Stil der Hochrenaissance gehaltenen Platte
mit der Figur des h. Liborius und einer Bekrvnnng
von gothischen Fialen. Auf der Rückseite ist dieselbe
Medaille des Fürstbischofs Theodor cingelasscn, welchc
sich unter dem Kreuze befindet. Das Leidwesen, welches
man einpfindet, die von dem Fürstenberg'schcn Bio-
graphcn außerdem angeführten Prunkgefäße prvfaner
Bestimmung gänzlich verschollen zu ivissen, wird lcider
durch die Würdiguug der vorhandenen Arbeiten nur ver-
schärft nnd wird hoffentlich den Jmpuls darbieteu, iu den
Familienschätzen des westsälischcn Adels und den Silber-
beständen unserer deutschen Knnstinstitutc cine gründ-
liche Umschau nach dem Vermißteu zu halten.

Der Schwerpunkt des artistischen Verdienstes der
Lessing'schen Publikation liegt in den vierzehn Licht-
drucktafeln, welche die Eisenhoit'schen Prunkgeschirre,
beziehungsweise einzelnc hervorragende Details der-
selben, in natürlicher Größe wiedergeben. Die Tafeln
bilden nicht nur eine wesentliche Bereichcrnng des durch
wissenschaftliche Arbeit des letzten Jahrzchnts und cincn
verwandten Geisteszug der Zeit allmählich wieder-
gewonuenen Formenschatzes der Renaissance, sonderu
sic liesern insbesondere direkt benutzbare Vorbilder für
die Metalltechnik und ersetzen in dieser Beziehung eine
eingehende fachkritischc Auseinandersetznng, welche wir

unter andercn klmständen deni Versasser, als einem der
gründlichsten Kenner der älteren kunstgewerblichen
Technolvgie, uur uugern geschenkt hätten. Die Bc-
handlung des Silberbleches für dic wirksanic Ausge-
staltung der Flachreliefs durch die dekorative Arbeit
der Punzc auf der Außenseite, die hier niit zartcr
Schraffirung, d'ort mit kräftigem Einsatz die Zeichnung
von dem llntergrunde lvsschneidet oder abhebt, dic sich
bald in weichglatter Ciselirung der Fleischpartien, bald
in der delikatesten Musterung und Mattirung der Ge-
wandung oder als Kupferpunze in der charakteristischen
Behandlung der Köpfe und des Haupthaares ergehl,
serner die verschiedenen Arten der Profilirung, u»i
jedem Relief die ihm gebührende wirksamste Unirahninng
zu Verleihen, endlich die Applikativn von wunderbar
charakteristischen Gnßstücken überall da, wo das Geräth
für seine Gebrauchstüchtigkeit einer besonderen Fcstiguug
bedürftig erscheint, endlich die reizvvlle Einfügung der
gravirten Oruamente zur Belebung der Flächen — das
alles sind eben soviel Fingerzeige für den verständigen
Arbeiter, die er uni so höher zu würdigen im Stande
sein wird, als sie sich ihm auf diesen Lichtdrucktafeln
in der vollsten Deutlichkeit darbieten.

Die Lessing'sche Arbeit mit ihrcu artistischen Bei-
lagen kann daher nicht nur dem Büchertische kuust-
sinniger Laien vder der Vorbilder-Bkappe össentlicher
! Jnstitute und Biuseen, svndern vvrzugsweise deu Ge-

pfohlen werden. Th.

Rom und römisches Lebcn im Alterthum, geschildert von

Hermann Bend er, Prof. nm Gi)»masiuin in Tübingen.

Mit zahlreichen Abbildungen nach Zeichnungen von A.

Gnauth, Rieß, A. Schill u. A., Holzschiiitt von A.

Cloß. Tübingen, H. Lauppffche Buchhandlung. Erstcr

Halbband. Vlll u. 272 S. 8. 1881).

Das Buch wendet sich namentlich an die Schüler der
oberen Gi)mnasialklassen, denen es die „Realien" des rö-
mischen Alterthums in ihrer geschichtlichen Entivickelung, etwa
in der Weise Boissier's, nach den besten Quellen übersichtlich
darlegen ivill. Der Verf. beginnt mit einer allgemeinen
Charakteristik deS römischen Volkes, giebt dann eine Ueber-
sicht der geographischen Lage und der Entwickelung dcr
Stadt und geht endlich zur Schilderung der socialen Ver-
hältnisse, der Sitten und Gebräuche, der Tracht und des
ganzen Privatlebens über. Der Text liest sich angenehni
und macht durchweg den Eindruck ciner auf tüchtigem Stn-
dium begründeten, wohldurchdachten Darstellung. Zur wahre»
Zierde gereichen dem Buche die zahlreichen schön auSge-
führten Jllustrationcn, unter denen besonders einige in der
Weise Viollet-le-Duc's von Gnauth gezeichnete Vogelper-
spektiven der Kaiserforen genannt zu wcrden verdiencn.

-V. 8. Dic neue Vasari-Ausgabc ist wieder um einen
Band reicher geworden. Soeben wurde der IV. Vand, nüt
welchem die parto torra der Biographien beginnt, auSge-
geben. Die längere nach der Publikation des III. Bandes
eingetretene Pause regte leise Hosfnungen auf eine besonderS
sorgfültige Redaktion dieses Theiles nn, wozu sowohl der
Jnhalt: Lionardo, Giorgione, Correggio, Raffael u. s. w.,
als auch die reiche Literatur über die genannten Künstler auf-
fordern mußte. Unsere Erwartiingen wurden leider bitter ge-
täuscht. Von diesem neuen Bande gilt noch stärker der
Tadel, der schon den früheren Bändcn gegenüber ausge-
 
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