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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Die Dresdener Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0336

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Die Dresdener Kunstausstellung.

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ohne eine gewisse HLrte, welche zu sehr den Frescomaler
verräth, als welcher der Künstler rühmlich bekannt ist.
Seine in der Albrechtsbnrg zu Meißen ausgeführten
Wandmalereien zählen dort zu den besten Arbeiten.
Noch enthält die Ausstellung verschiedene Bilder und
Kartons, deren Gegenständc dem biblischen und alle-
gorischen Darstellungskreise entnommen sind, ohne daß
deren Urheber jedoch vermocht hätten, den alten über-
kommenen Typen ein neues anziehendes Leben einzu-
hauchen. Noch die meiste Frische darunter zeigt eine
heilige Katharina von H. v. Habermann in München,
doch stört die outrirte Bewegung der Gestalt wie die
unruhige Draperie zn sehr den Eindruck des Ganzen.

Auch durch Genrebilder hat sich München unter
allen übrigen Kunststädten noch am zahlreichsten an
unserer Ausstellung betheiligt, und seine schlichten,
dem Alltagsleben entnommenen Bilder erfreuen meist
durch gute Beobachtung und sorgfältige Durch-
führung. Dnrch koloristische Borzüge excelliren zudem
die Arbeiten von Ant. Seitz und W. Roegge, durch
lebendige Charakteristik die „Politiker im Kloster" von
L. Boßhardt. Nicht ohne Poesie ist ein Bild von
W. Marc, ein Klostergarten, in welchem sich Nonnen
ergehen. Der Abend, der, wie ein Gruß aus weiter
Ferne, mild und weich über den See in den Garten
hineinblickt, verbunden mit dem Anblick der blühenden
Rosen, rnst in den still auf- und abwandelnden jungen
und alten Gestalten mannigfaltige Empfindungen wach,
die ungesucht in einer die Phantasie des Beschauers
anregenden Weise zum Ausdruck kommen. C. Schrau-
dolph's „Träumerei" eifert den Venetianern nach,
bleibt aber dabei etwas hart in der Färbung, und
auch der angestrebte träumerische Ausdruck in der weib-
lichen Hauptgestalt gelangt nicht recht zur Erscheinung.
Den Anrcgungen des trefflichen Pieter de Hoogh scheint
I. F. Hennings zu folgen, der, wenn auch noch in
einem etwas zu kühlen Tone, doch nicht ohne Fein-
heit das stille Spiel des Sonnenlichtes im geschlossenen
Raume wiederzugeben sich bemüht. H. Lang cndlich
vermittelt uns in einem Bilde die nähere Bekanntschaft
der im letzten orientalischen Kriege vielgenannten Baschi-
Bozuks. Jm Dunkel der Nacht, schweigsam und
spähend, reiten die wilden Gesellen zu einer Attague
vor. Leider ist das Kolorit zu reizlos, zu trüb und
schwer; die Zeichnung der Reiter und Pferde jedoch,
welche alle su kuos dargestellt sind, betündet deu ge-
wandten Schlachtenmaler. Ebenfalls einen ethnogra-
phischen Anstrich haben zwei Bilder aus Düsseldorf,
von B. Nordcnberg und Ernestine Friedrichsen.
Ersterer, der, mit etwas trockenem Pinsel, die Sitten
und GebrLuche Skandinaviens in seiuen Bilderu zu
illustriren Pstegt, giebt diesmal einen heimkehrenden
Brautzug aus Wärend in Schweden, während Frl.

Friedrichsen eine Scene aus dem Leben der polnischen
Flößer, der sogenannten Flissen, bietet. Die kindliche
Sorglosigkeit und Fröhlichkeit dieser halbkultivirten
Naturmenschen, die das Leben vergeigen, verrauchen,
verschlafen, ohne eS wie Lenau's Zigeuner „dreimal
zu verachten", hat die genannte Künstlerin iu lichten
Farbeu mehr poetisch und gefällig, als wahr und
charakteristisch vorgeführt. Die Wiener Genremalerei
ist durch ein Liebespaar von R. Hausleithner,
cinen Bettelniönch von R. Geyling und einen launig
aufgefaßten, mit Fleiß uud Sorgfalt ausgeführtcn
„Meditirenden Bauer" von F.Friedländer vertreten,
welchen ansprechenden Bildern wir noch eine recht wahr
und lebeudig dem thüringischen Volksleben abgclauschtc
drastische Genrefigur von C. Z icrmann in Berka bci
Weimar anreihen wollen. Auf eine weichere, tiefere
Erregung des Gemüthes geht E. Hildebrand in
Karlsruhe aus, der mit geschickter sichcrcr Hand uns
ein Elternpaar in banger Sorge am Krankenbette des
Kindes zeigt. I. Grund in Baden malte die Ein-
mauerung einer Nonne, eine achtbare Arbeit, die nur
in der Farbe zu glatt erscheint und zu sehr die Frische
und Unmittelbarkeit des Lebens abgestreift hat. Untcr
den cinheimischeu Sittenmaleru ist Prof. I. Scholtz
der namhafteste. Der trcffliche Künstler hat zwci
Bilder ausgestellt, welche jedoch in koloristischer Be-
ziehung nicht ganz auf der Höhe seiner frühcren Lei-
stungen stehen. Außerdem sindcn wir noch Genrebilder
von B. Mühlig, Graf v. Ncichenbach, W. v.
Schubert, D. Simonson u. A., wic namentlich auch
eine Reihe derartiger Arbeiten von Schülern des Hof-
raths Pauwels. Dieselben cntwickeln eine aner-
kennenswerthe, den Dresdcner Ateliers bisher fremde
Tcchnik und zeugen von dem anrcgendcn Einfluß des
Meisters, wie überhaupt von der nationellen belgischen
Malunterrichtsmethode. Meist schildern die Bildcr
Vorgänge im malerischen Kostüm srühercr Jahrhundcrte,
wobei, wie in A. Schröder's „Sorgloseu Stundcn",
Stoffe und Beiwerk trefflich behandelt sind; uur ge-
bricht es allen Gestalten noch zu sehr an dem Zaubcr
inuerer Wahrheit.

Einige tüchtige Leistungen hat das Porträtfach
aufzuweisen. So eine meisterlich behandelte Kinder-
gruppe von Prof. L. Pohle und eine zweite Arbest
desselben Künstlers, welche iu sprecheuder Weise die
liebenswürdige Erscheinung Ludwig Nichtcr's wieder-
giebt. Letzteres Bildniß ist für die k. National-Galeric
ausgesührt. Der berühmte Jllustrator des deutschcn
Volksthums ist in ganzer Figur, im Hauspelz a»
einem Tische mit Frühlingsblumen und Zeichenutcii-
silien sitzend, dargestellt; ivie die schlichte Anordnung
als einc charakteristische, ebensv erscheiut auch der phy^
siognvmische Ausdruck glücklich ersaßt. Ebeufalls csts
 
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