Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

DOI Artikel:
Korrespondenz Leipzig
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0034

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
55

Korrespondenz auZ Leipzig.

56

wo sie cim meisteii nvt thut, ganz abgesehn davon,
daß dic städtische Gewerbeschulc sich in nächster Nach-

barschast befindet nnd das städtische Mnscnm bon dort
in sünf Minutcn zu errcichcn ist.

Erfreulichcr ist, was wir von dem letztgcnanntcn,
in seiner ursprünglichen Anlagc und äußeren Architck-
tur gleichmäßig verunglücktcn Bauwcrke zu berichtcn
habcn. Der ErweiterungSbau schreitet nnter Lcitung
dcs städtischen Bandircktors Hugo Licht rasch seincr
Bollendung entgegen. Um dic beidcn Anbauten, wclche
das alte Gebäude mitsamt seiner Freitreppe in die
Mitte nchmcn, in besscre Übcreinstimmung mit dem
letzteren zu bringen, sah sich Licht indes gcnötigt,
die Lange'schc Fassade einer Umarbeitung zu untcr-
ziehen. Etwas vollig Befricdigendcs wird freilich auch
dabei nicht herauökommen. Trotz dcr Vcrstärkung
seines Rclicfs durch Einsügung einer Pilasterarchitcklur
fühlt sich der Mittelbau offenbar zwischcn den an
Sansovmv's Libreria erinnernden, prächtigen Anbautcn
nicht gnnz behaglich und steht da wie ein armer Tcusel,
dem zwci reiche Vettern rechts und links meuchlings
unter die Arme gegriffen habcn. Bielleicht kommt in
das Ganze nvch ctwas mchr Stimmung, wcnn die
Dockengalerie mit den Statuen gekrvnt sein wird,
dercn Anssührung dem Bildhauer Unger in Miin-
chen übertragen wurde. Wie an der Faffade wird
anch im Jnncrn des Gebäudes voraussichtlich cinc
sehr wünschenswerte Korrektnr vorgcnommen, so daß
der Bau statt der alten, in einein Seitenranme halb
vcrsteckten Treppe cinc ncuc doppclläusige Treppcnan-
lage mit vollem Oberlicht erhält. Gleichen Schritt
mit dem Museumsbau hält der Bau der neuen Börse,
cine Konkurrenzarbeit, die dem ncuerdings viel be-
schäftigten Architekten Wcychardt zuficl. Das cbcn-
fatls in rcicher Renaiffance ansgeführte Gebäude wird
dem Blücherplatze eine Prächtige Zierde sein, dercn
Anblick hoffenllich stark gcnug wirkcn wird, nm die
Bcseitigung dcr Fleischhallc an der gegenüberlicgenden
Promenadcnseite, eines architektonischcn Schcusals
schlimmstcr Sorte, herbcizuführen.

Noch weiter vorgeschritten ist inzwischen dcr Bau
dcr neuen Peterskirche auf dem Schletterplatze, dcrcn
Entwnrf in frllhgotischem Stile von Lipsius und
Hartel herriihrt. Das Schiff ist bereits abgcrüstet
und präsentirt sich vvn vorn über Eck gesehen als cin
ebenso reich wie streng gegliederter malerischer Bau,
dcffen Fronte sich zwischcn den dckorativcn Flankcn-
türmen sreilich etwas schmalschulterig ausnimmt.
Weniger besriedigt die rückwärtige Partie. Bei dem An-
schluß des seitlich angeordneten Glockenturmes an den
Chor, dcm auf der andcrcn Scite die cbenfalls ange-
baute, sich im Achteck turmartig entwickelnde Sakristei
entspricht, bleibt eine gewisse Härte und Dissonanz be-




stchen, die bci Vvllcndiing dcs um deu Chor herum-
gcsührten niedrigen Anbaues mit seiiien kleinen Vcr-
hältnissen nur noch auffälliger werden diirfte. Viel Lärm
haben die hundcartigen llngetüme, wclche auf halbcr
Höhe der Strebepfcilcr in sitzendcr Stellung den Dienst
von Fialen verrichten, in unscrer Lokalprcsse vcrursacht.
tlnd in dcr That nehnicn sich für cin inodcrnes Auge
diesc langhalsigcn verhnngcrten Besticn auf ihren cin-
samen Wachtpoften sehr vcrivunderlich aus. Voraus-
sichllich wcrden Regcn nnd Ruß srüh genug dafür
sorgen, daß dcr grelle Eindruck dcr ungcwohnten Er-
scheinung beseitigt werde.

Damit es dcr werdenden Grvßstadt nicht an dcm
zcitgemäßen Zubehör cines Schlachtenpanvrama fehle,
ist in jüngster Zeit auch dafür von unternehmungs-
lustigen Kiinstfreunden gesorgt wordcn. Am Roßplatz
in uninittclbarcr Nähc der Promenade erhebt sich das
im Sechzehneck aufgeführte Bauwerk, deffen aufdring-
liche Masse die Kunst deS Putzmaurers in wohlgcfälliger
Wcise zu gliedern sich bemüht hat. Jm Erdgeschoß be-
findet sich, wie üblich, ein Schanklokal, das mit seinen
strahlensörmigcn Kompartimcntcn an das Netz einer
Kreuzspinne oder an den Bebauungsplan der Stadt
Karlsruhe erinnert. Darübersiihren danndiehalbdunkeln
niedrigcn Gänge hinauf zu der Plattform, vvn welchcr
man das Schlachtfeld von Mars la Tonr, das Gewiihl
des Reitergefechts übersieht, in welchem so vicle Tapfere
unter Führung des Generals v. Bredow der franzvsi-
schen Übermacht crlagen. Das Rundgeinälde ist eine
Schöpsung des durch seine fllr das Frankfurter Pano-
rama gemalte Schlacht bei Sedan zu berechtigtem An-
sehcn gelangten Proseffor Louis Braun in München.
Das wildc Ungestüm des Kampses, das Überreiten der
französischcn Jnfanterie - Karröcs, das Eiiizclgcfccht
Mann gegcn Manii, daS Anfprotzen und Absahren der
Artillerie ist mit überzeugender LebcnLigkeit geschildert.
WaS man dagegen an der Darstcllnng vcrmißt, ist
die iibersichtliche Glicderung der Maffen. Es wird
dem Auge mitunter schwcr, ans dem wirrcn Knäuel
von Menschen, Pserdcn und Geschützcn dcn Zu-
sainmenhang der Gliedmaßcn herauszulesen. Doch
darf man dieserhalb nicht allzu eifrig mit dem
Künstler recbtcn, der sich cincr Aufgabe gegcnüber sah,
bei dercn Lösung die histvrischc Wahrheit bis auf die
Porträtähnlichkeit der bekannteren Kampfesgenossen zu-
nächst berücksichtigt scin wollte. Auch wird man cs
ihm nicht als Fehler anrcchnen dürfen, daß er cinzelne
Episoden des Kampfcs, die zeitlich nicht zusammcn-
treffen, als gleichzeitig vorführt. Durch diese Episoden
erhält die Darstellung nicht nur ein besonders gegen-
ständliches Jntereffe, sondern auch zum Teil ihre male-
rischen Reize. Jn dieser Beziehung verdient besonders die
Gruppe hervorgehoben zu werden, dcren Mittelpunkt
 
Annotationen