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Nekrologe. — Kunstunterricht und Kunstpflege.
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auf, aus denen mit der Tiefe der Farben auch jede
Tiefe des Gemüts und der Gedanken entschwunden ist.
Ausnahmen, wie sie in dem Münchener Malerkreise
Fritz von Uhde und der jüngere Gras Kalkreuth bilden,
vermag die neue Richtnng nur selten aufznweisen.
Die vsterreichische Abteilung, so weit man auch
ihre Grenzen um den weiten Kreis der in Österreich
geborenen uud wirkenden Künstler gezogen hat, zeigt
einen bemerkenswerten Vertreter dieser Richtnng eigent-
lich nur in Gustav Wertheimer, der hier namentlich
zwei recht tüchtige Männerporträts ausgestellt hat.
Fast alle übrigen Maler dieser Abteilung haltcn sich
in dem Rahmen der hergebrachten koloristischen An-
schauungen nnd treten dadnrch, was Schönhcit der
Farbe anbetrifft, vorteilhaft und einheitlich vor den
anderen Abteilungen hervor. Allerdings muß dabei
betont werdcn, daß in den hicr ausgestellten Bildern
österreichischer Künstler nicht nur die Kunst der letzten
Jahre vertreten ist. Passini und Defregger zum
Beispiel haben Bilder aus dem Jahre 1876, Eugeu
Felix sogar seine Bacchautin aus dem Jahre 1868
ausgestellt.
Das größte Bild der österreichischcn Ausstellung
ist Broziks bekanntes Gemälde „Huß auf dem Konzil
zu Konstanz", trotz seiner charakteristischen Schwächen
doch das tüchtigste historische Bild der ganzen Ant-
werpener Ausstellung, selbst neben Defreggers „An-
dreas Hofer", der hier ebenfalls wieder ausgestellt ist.
Sehr gut vertreten ist die Porträtmalerei durch drei
große Werke von Angeli; auf dem einen derselben,
dem Bildnis eines älteren Herrn mit rotem Ordens-
band um den Hals, sind, obwvhl cs erst vor zwei
Jahren gemalt ist, schon die Farben derartig zer-
rissen, daß man hier von der Solidität seiner Technik
nicht gcrade gllnstige Begriffe bekommen wird. Kolo-
ristisch meisterhaft durchgeführt ist ebenso ein Bildnis
von Stauffer, das zu desscn glücklichstcn Leistungen
gehören dürfte. Auch Eugen v. Blaas und G. Gaul
sind mit tüchtigen Arbeiten erschienen. Numpler
bringt n. a. das Porträt eines jungen Mädchens,
das cr in ganzer Figur in die farbenglühende Atmo-
sphäre eines Nenaissaucezimmers gestellt hat. Canon
ist in cinem großen Damenbildnis im Nenaissance-
kostnm seiner Lieblingsneigung treu geblieben, llberall
mit deu Augen dcr alten Meister zu sehen. Canon
hat aus dcmselben archaistischen Zuge seines Schaffens
heraus auch ein Madonnenbild ausgestellt, dessen
leuchtende Farben das Kolorit der alten vlämischen
Meister mit vielem Glück zu erreichen suchen. Trotz
der ungleich reicheren Palette bleibt das Madonnenbild
doch hinter diesem Damenbildnis zurück. Hier, wo der
Stoff den Maler zwang, trotz seiner Lieblingsneigung
zu den künstlerischen Anschauungen der Alten immer
wieder bei dem Kvpf der darzustellenden Dame zur Be-
obachtung der Natur zurückzukehren, ist er am glücklich-
sten. Jn die Gesichter seines Madonnenbildes, für
dessen ideale Formen ihm das wirkliche Leben keine
in jene poesieerfüllte Welt hinein passenden Köpfe dar-
bieten mochte, ist dadurch ein abstrakter Zug gekommen,
der seinen Gesichtern nur zu leicht den Schein einer
altertümelnden Manier giebt.
Georg Voß.
(Schluß folgt.)
Nekrologe.
x.— A. de Ncuville f. Am 20. Mai abends l I llhr er-
folgte der seit längerer Zeit vorausgesehene Tod des bedeu-
tendsten französischen Schlachtenmalers, Alphonse de Neuville's.
N. wurde am 31. Mai 1836 in St. Omer geboren. Ur-
sprünglich war er von seinem Vater sür die juristische Lauf-
bahn bestimmt, trat jedoch bereits mit 18 Jahren in das Atelier
des Malers Picot ein rmd erfreute sich der Teilnahme und
des Nates Eug. Delacroix's. Später war er Schüler
E. Meissomiiers. Sein erster großsr Erfolg datirt aus dem
Jahre 1859, als er mit einem Bilde, eine Episode aus der
Belagerung von Sebastopol darstellend, vor die Öffentlichkeit
trat. Zwei Jahre spätsr stellte er ein ähnliches Gemälde
aus, aber erst im Jahre 1864 begründete die „Episode aus
der Schlacht von Magenta" seinen Ruf. Jn seiner Spezialität
gelangte er zu einer großen Meisterschast, deren Glanz allerdings
später durch eine stark chauvinistische Färbung getrübt wird.
Unter seinen vielen Bildern sind I-eo cleiuiers oartouobes
und Livouao äevaut I-e Uouixet die bekanntesten. Ek war
auch als Jllustrator und in Gemeinschaft mit seinem Freunde
Detaille als Panoramenmaler thätig.
Nunstunterricht und Aunstpflege.
Uz'. Staatlichc Kunstpslcge in Frankrcich und Prcuße».
Seit dem Bestehen der Republik wurden in Frankreich nach-
stehende Summen für Ankauf und Bestellung von modernen
Kunstwerken verwendet und zwar fllr:
i.J.:
Gcmäldc:
Skulpturen:
Kupfcrstiche
Subvcntionen
u. Misstouen:
Jnsgcsamt:
Frs.
1870
13 800
6700
7000
—
27 500
1871
748360
334700
33700
—
1 116 760
1872
662955
312500
27 227
—
1002682
1873
563 380
362700
73 935
—
999 315
1874
922800
629784
15000
—
1 567684
1875
456336
274820
10 000
—
741556
1876
243 800
340678
14000
22 500
603978
1877
370 252
358500
42889
—
771651
1878
341950
343 900
32800
9300
688950
1879
443420
564670
58000
18176
1194566
1880
427 336
417950
40450
38809
925145
1881
576961
551400
112805
138200
1379366
1882
181050
426630
68609
—
676 280
1883
254950
556250
293280
—
1004 980
Zus.
6162551 5481182
829695
226985
12700413
Zum Vergleich fügen wir den im jüngsten Hefte des
Jahrbuchs der königl. preußischen Kunstsammlungen ent-
haltenen Nachweis über die Verwendung der zum Ankauf von
modernen Kunstwerken sowie zur Förderung der monumentalen
Kunst jährlich im preußischen Etat ausgesetzten 300 000 Mk.
in den 1t Vr Jahren von 1873 bis I. Äpril 1884 bei:
Mark
1. Für die Vermehrung der Nationalgalerie an
Gemälden, Skulpturen und Kartons . . . 1207000
Für die Vermehrung der Nationalgalerie an
Handzeichnungen moderner Meister .... 240000
zusammen 1447 000
2. Für die Pflege der vervielfältigenden Künste 188 700
Nekrologe. — Kunstunterricht und Kunstpflege.
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auf, aus denen mit der Tiefe der Farben auch jede
Tiefe des Gemüts und der Gedanken entschwunden ist.
Ausnahmen, wie sie in dem Münchener Malerkreise
Fritz von Uhde und der jüngere Gras Kalkreuth bilden,
vermag die neue Richtnng nur selten aufznweisen.
Die vsterreichische Abteilung, so weit man auch
ihre Grenzen um den weiten Kreis der in Österreich
geborenen uud wirkenden Künstler gezogen hat, zeigt
einen bemerkenswerten Vertreter dieser Richtnng eigent-
lich nur in Gustav Wertheimer, der hier namentlich
zwei recht tüchtige Männerporträts ausgestellt hat.
Fast alle übrigen Maler dieser Abteilung haltcn sich
in dem Rahmen der hergebrachten koloristischen An-
schauungen nnd treten dadnrch, was Schönhcit der
Farbe anbetrifft, vorteilhaft und einheitlich vor den
anderen Abteilungen hervor. Allerdings muß dabei
betont werdcn, daß in den hicr ausgestellten Bildern
österreichischer Künstler nicht nur die Kunst der letzten
Jahre vertreten ist. Passini und Defregger zum
Beispiel haben Bilder aus dem Jahre 1876, Eugeu
Felix sogar seine Bacchautin aus dem Jahre 1868
ausgestellt.
Das größte Bild der österreichischcn Ausstellung
ist Broziks bekanntes Gemälde „Huß auf dem Konzil
zu Konstanz", trotz seiner charakteristischen Schwächen
doch das tüchtigste historische Bild der ganzen Ant-
werpener Ausstellung, selbst neben Defreggers „An-
dreas Hofer", der hier ebenfalls wieder ausgestellt ist.
Sehr gut vertreten ist die Porträtmalerei durch drei
große Werke von Angeli; auf dem einen derselben,
dem Bildnis eines älteren Herrn mit rotem Ordens-
band um den Hals, sind, obwvhl cs erst vor zwei
Jahren gemalt ist, schon die Farben derartig zer-
rissen, daß man hier von der Solidität seiner Technik
nicht gcrade gllnstige Begriffe bekommen wird. Kolo-
ristisch meisterhaft durchgeführt ist ebenso ein Bildnis
von Stauffer, das zu desscn glücklichstcn Leistungen
gehören dürfte. Auch Eugen v. Blaas und G. Gaul
sind mit tüchtigen Arbeiten erschienen. Numpler
bringt n. a. das Porträt eines jungen Mädchens,
das cr in ganzer Figur in die farbenglühende Atmo-
sphäre eines Nenaissaucezimmers gestellt hat. Canon
ist in cinem großen Damenbildnis im Nenaissance-
kostnm seiner Lieblingsneigung treu geblieben, llberall
mit deu Augen dcr alten Meister zu sehen. Canon
hat aus dcmselben archaistischen Zuge seines Schaffens
heraus auch ein Madonnenbild ausgestellt, dessen
leuchtende Farben das Kolorit der alten vlämischen
Meister mit vielem Glück zu erreichen suchen. Trotz
der ungleich reicheren Palette bleibt das Madonnenbild
doch hinter diesem Damenbildnis zurück. Hier, wo der
Stoff den Maler zwang, trotz seiner Lieblingsneigung
zu den künstlerischen Anschauungen der Alten immer
wieder bei dem Kvpf der darzustellenden Dame zur Be-
obachtung der Natur zurückzukehren, ist er am glücklich-
sten. Jn die Gesichter seines Madonnenbildes, für
dessen ideale Formen ihm das wirkliche Leben keine
in jene poesieerfüllte Welt hinein passenden Köpfe dar-
bieten mochte, ist dadurch ein abstrakter Zug gekommen,
der seinen Gesichtern nur zu leicht den Schein einer
altertümelnden Manier giebt.
Georg Voß.
(Schluß folgt.)
Nekrologe.
x.— A. de Ncuville f. Am 20. Mai abends l I llhr er-
folgte der seit längerer Zeit vorausgesehene Tod des bedeu-
tendsten französischen Schlachtenmalers, Alphonse de Neuville's.
N. wurde am 31. Mai 1836 in St. Omer geboren. Ur-
sprünglich war er von seinem Vater sür die juristische Lauf-
bahn bestimmt, trat jedoch bereits mit 18 Jahren in das Atelier
des Malers Picot ein rmd erfreute sich der Teilnahme und
des Nates Eug. Delacroix's. Später war er Schüler
E. Meissomiiers. Sein erster großsr Erfolg datirt aus dem
Jahre 1859, als er mit einem Bilde, eine Episode aus der
Belagerung von Sebastopol darstellend, vor die Öffentlichkeit
trat. Zwei Jahre spätsr stellte er ein ähnliches Gemälde
aus, aber erst im Jahre 1864 begründete die „Episode aus
der Schlacht von Magenta" seinen Ruf. Jn seiner Spezialität
gelangte er zu einer großen Meisterschast, deren Glanz allerdings
später durch eine stark chauvinistische Färbung getrübt wird.
Unter seinen vielen Bildern sind I-eo cleiuiers oartouobes
und Livouao äevaut I-e Uouixet die bekanntesten. Ek war
auch als Jllustrator und in Gemeinschaft mit seinem Freunde
Detaille als Panoramenmaler thätig.
Nunstunterricht und Aunstpflege.
Uz'. Staatlichc Kunstpslcge in Frankrcich und Prcuße».
Seit dem Bestehen der Republik wurden in Frankreich nach-
stehende Summen für Ankauf und Bestellung von modernen
Kunstwerken verwendet und zwar fllr:
i.J.:
Gcmäldc:
Skulpturen:
Kupfcrstiche
Subvcntionen
u. Misstouen:
Jnsgcsamt:
Frs.
1870
13 800
6700
7000
—
27 500
1871
748360
334700
33700
—
1 116 760
1872
662955
312500
27 227
—
1002682
1873
563 380
362700
73 935
—
999 315
1874
922800
629784
15000
—
1 567684
1875
456336
274820
10 000
—
741556
1876
243 800
340678
14000
22 500
603978
1877
370 252
358500
42889
—
771651
1878
341950
343 900
32800
9300
688950
1879
443420
564670
58000
18176
1194566
1880
427 336
417950
40450
38809
925145
1881
576961
551400
112805
138200
1379366
1882
181050
426630
68609
—
676 280
1883
254950
556250
293280
—
1004 980
Zus.
6162551 5481182
829695
226985
12700413
Zum Vergleich fügen wir den im jüngsten Hefte des
Jahrbuchs der königl. preußischen Kunstsammlungen ent-
haltenen Nachweis über die Verwendung der zum Ankauf von
modernen Kunstwerken sowie zur Förderung der monumentalen
Kunst jährlich im preußischen Etat ausgesetzten 300 000 Mk.
in den 1t Vr Jahren von 1873 bis I. Äpril 1884 bei:
Mark
1. Für die Vermehrung der Nationalgalerie an
Gemälden, Skulpturen und Kartons . . . 1207000
Für die Vermehrung der Nationalgalerie an
Handzeichnungen moderner Meister .... 240000
zusammen 1447 000
2. Für die Pflege der vervielfältigenden Künste 188 700