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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Heyden, August von: Der neue "Lionardo da Vinci" des Berliner Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0137

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20. Iahrgang.

^88^ 85.

ftchronik

No. le


Ianuar

^85. ' *

wochenschrist sür Aunstund Runstgeworbe.

--....a„^ni^rbevereiiie.

Dcr ueue „Liouardo da Niuri" des Nerlirur
N7uscums.

Jn Nr. 11 der Kunstchronik d. I. hc>t ein gc-
Ichätztcr Mitarbcitcr dic Grnnde bcsprochen. wclchc
Herr vr. Bode im Jcchrbuch dcr königl. Kunstscunm-
lungcn sür die Autorschast Lionardo's an dcm ncu-
c>usgcstellten Bilde dcr Auserstehung zusammcntrug.
Die Griinde M'v alle kaum widerlegbar, cs lastcn

BUke oer riu,elnc^»»^ .

.. ' sind fast alle kaum widerlegbar, es lasscn

h) sogar noch imw bin:„siiaen. So erinncrt die

stch sogar noch ncue hinzusiigen. --
Rvtelstudie in den Ufsizien, die Dame niit dcm >« ^
welche dcm Lionardo zugeschrieben wird, m dcn ium -
lichen Formcn des Gesichtes und dcstcu Proportioi
ebcnsalls an dcn Kops der weiblichcn Gestalt m'sc^
Bildes. Wichtiger abcr scheiut die Ahnlichwi cs
Bewcgung dcr Hände der Mona Lisa, cbcuso U-w
der crwähntcn Rötelstudie, mit dcr Bcwegung cei
Hände dcr Heil. Lucia aus dem Bildc. Biit zie»>
Ichars gebogcncm Handgelenke liegt dic rcchtc Ha'"
über dcr linken. Aus dcm Bilde gestaltct sick dic -e-
wcgung zur Krcuznng der Arme, wobci dic ici'e

Hand genau die Bcwegung der Mona Lisa "'a ' -

. ».<..->

Hand

genau die Bcwegung der 2tiona ru
inr deren überaus schöne Formcn vcrmipcn la>,
Die häusige Wiedcrkehr diescr Krcuzung dcr o crcu
^rtrcmitätcn wird sür Lionardo bedcutungsvoll c»i
stine Anweisung sür Frauendarstellungen, bei deueu,
uin reizvoll zu sein: le bracoia racoolte insiems cr-
scheinen sollcn lRichter, V. ä. V "'ttnra 111

. libro äi pittura 144).
Ber Ähnlichkcit der Hand dcs Christus mit der linkcn
öer Mona Lisa halte ich sür uncrheblich und zweisel-

haft, weil das Bewegungsprinzip bei beiden Bildern

ein ganz verschiedenes ist.

Andererscits abcr zeigt das Bild Erscheinnngcn,

deren Borhandensein niit der Autorschaft Lionardo's

nur schwer vereinbar sein dürften.

Auf dem Bodcn licgt cine doppcltc Handschelle,

cinc Fessel für beide Händc; sie ist so unrichtig und
unmöglich in ihrer Form, dazu auch so kindisch ge-
zeichnct, entbchrt Vvllig aller pcrspcktivischen Einpsin-
dung, wic man solches dcin Meister der Konstrnktivii,
dci» vielseitigen Tcchniker Lionardo kcinesfalls zutrancn
darf. Es ist jcdoch viellcicht mvglich, daß dieses Jn-
striiment spätcre Zuthat sei, was zu lintersuchcn wäre.
Ebcnso zweifclhast ist dcr Grabstcin, dcr nicht nur
pcrspcktivisch falsch in der Landschaft steht, der abcr
auch mit dem dahinter liegenden Deckel räumlich kauin
in Zusammcnhang auf dem Terrain zu bringen ist.

Herr vr. Bode crinncrt an Lionardo's scharfcn
Blick für Naturgeschichtlichcs, von dcm nicht nur
dcsscn Schriftcn, sondern auch alle seinc Bilder
zeugcn. Aus dcr Vierge uux rocbers briugt er in der
That einc zwar idcalc, aber durchaus typische Basalt-
landschast, währcnd die Mvna Lisa eine ebensv charak-
teristische Dolomitlandschaft zeigt. Beide Forinationen
neben cinandcr sinden wir auf dem Berliner Bildc.
Während dic Felsen dcs Mittclgrundcs basaltischc Struk-
tur zeigen, ist dcr Hintergriind von Dolomitzacken erfüllt.
Sollte Lionardo, mit Hintcnansetzung seiner Beobach-
tungen, neben cinander gemalt haben, was ihm eben aben-
teuerlich und absondcrlich crschicn? Und zwischcn diescn
Dolomitbcrgen windet sich in gedankenlosein Zickzack
 
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