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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Nekrologe,

172

des täglichen Lebens m» wenigsten vcrniuteten. Sv
hat denn die Firma AmSler L Rnthardt (Gcbr. Mcder)
in Berlin von dem talentvvllcn Mcister dcr Radir-
nadel B. Mannfeld einc Anzahl Briesbogen mit An-
sichtcn dcr dentschen Reichshaichtstadt schmiicken lassen,
die ein riihmliches Zeugnis von dem scinen Geschmack
nnd dcr geistreichen Manier jenes Kiinstlers ablegcn,
der sich zuerst durch sein Radirlverk: „Durch's deutsche
Land" die Gunst weitercr Krcise gewann. Die
Briefbogenkvpfe sind in der That kleine Meistcrwerke
und verdienen sowohl wegen der geschicktcn Wahl der
Motive, wsie anch um ihrer geschmackvollcn, echt kiinst-
lerischen Eigenart willen an dieser Stelle besprochen
zu werden. Sie beweisen, daß das wegen seiner
architektonischen Niichternheit vielverschrieene Berlin
noch genug malerische Reize besitzt, um deren Wieder-
gabe Vvn Kiinstlerhand zu rechtfertigen. Jn geschickter
Weise ist die Drucksarbe der jeweiligen Siimmung des
gewähltcn Mvtives angepaßt. Obenan steht cinc köst-
liche Ansicht der Kurfiirstenbriicke mit Schlüters mäch-
tigem Reiterstandbild und dem Blick aus den ältesten
Teil des königlichen Schlosses im Mondschein. Um-
rahmt Vvn dem üppigen Griin der Anlagen des
Platzes am Opernhause, erscheint die Universität mit
den Standbildern dcr Brüder Hnmboldt, die trotz des
winzigen Stecknadelknopfformates ganz dentlich er-
kennbar sind. Eine reizvolle Ansicht des Mnscnms
mit der vvn Obstkähnen belebten Spree im Vvrder-
grunde und das Wahrzeichen Berlins, das Denkmal
Friedrichs des Großen mit dein alten Schloß, dem
Zeughaus und dem Palais des Krvnprinzen in dcr
Ferne dürfen nicht unerwahnt bleiben. Bei letztercm
ist besonders die außerordentliche Treue, mit welcher
der Künstler die jedem Berliner geläufige Silhvuette
des „alten Fritzen von hinten" festgehalten hat, be-
wundernswcrt. Von hohem poetischen Reiz sind
auch die Blickc aus dem Tiergarten mit Schapers
herrlichem Goethedenkmal und den Standbildern
Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, künst-
lerisch am vollcndetsten aber eine Ansicht des Gendar-
menmarktes bei Regcnwetter und ein Blick in das alte
Berlin von der Waisenbrücke gegen die Rückseite der
Stralauerstraße mit ihren durch hölzerne Galerien
gegliederten bausälligen Giebelhäuscrn. Auch das
Brandenburger Thor, die Siegessäule, die National-
galerie und selbst das vielfensierige Rathaus fehlen
nicht, und so mögen denn diese „Berlincr Briefe"
allen Kunstsreunden wärmstens empsohlen sein. Sie
ersreuen sicherlich das Auge des Schreibers nicht min-
der wie das des Empsängers, U. I,.

— n. Liebesspcnde für die Kinderheilanstalt zu Drcsdcn ist
der Titel einer im Format und ltnifan!; der „Jllustrirten
Zeitung" unter Redaktion oon Robert Waldmuller und

und Prof, Jul. Scholtz erschienenen Publikation (Dresden,
v, Zahn L Jänsch, ä, 50 Pf.). Abgesehen von einer Anzahl
Jllustrationen, mit welchen Dresdener Künstler diese fliegen-
den Blätter ausgestattet haben, sind dieselben für Kunst-
freunde besonders interessant durch die Mitteilungen aus
Briefen Ludwig Nichters, welche der verstorbene Meister
an seinen Freund Eduard Cichorius gerichtet hat. Um des
humanen Zweckes willen, welchen der Reinertrag aus dein
Unteriiehmen fördern soll, sei diese „Licbesspende" den
Lesern der Kunstchronik auf das wärmste empfohlen.

Nekrologe.

Adolf Gnaulh, Direktvr der Kunstgewerbeschnle
zu Nürnberg nnd königl. baycrischer Oberbanrat, ist
am 19. November daselbst nach längerer Krankheit
im Alter von 44 Jahren gestorbcn. Am 1. Juli
1840 in Stuttgart geboren, besuchte er vas dortige
Polytechniknm und ging, nachdein er im Jahre 1800
Vvrübergehend beim Eiscnbahnhochbau Berwcndniig
gefunden, nach Jtalien, wo cr im Verein mit den
Architekten Fvrster und Paulus in den Jahren 1861—,
1866 fiir das von Heinrich v. Förster geplante Werk:
„Die Bauwerke der Renaistance in Toskana" (das
leider schon mit der zweiten Lieferung ins Stocken ge-
riet) Aufnahmeii machte und deren Ausarbeitung be-
sorgte. Jm Jahre 1866 ward er Lehrer an der
Bangewerkschule zn Stuttgart und machte in den
Ferienmonaten der Jahre 1867—1869 in Oberitalicn
für die Arnndcl Society Aguarellaufnahmcn von her-
vorragenden Renaiffaneegrabinälern, die in der be-
kannten Publikation dieser Gesellschast llber diesc Art
von Kunstdenkniälern Vervielfältigung fanden. 1870
ward er zum Professor am Polytechnikum in Stntt-
gart ernannt, gab aber diese Stellc schon 1872
wegen Überhäusung mit praktischen Ansführungen
wieder aus, Jn den Jahren 1871—1875 cntfaltete
er in seiner Vaterstadt, in der damals der Privatban
unter dem Einsluß des allgemeinen Aufschwungs jencr
Jahre eine Regeneration durchmachte, eine reiche prak-
tische Thätigkeit, dcr die Villa Siegle und Conradj,
die Württembergiscbe Vereinsbank, die Villen der
Goethestraße und ein großer Massivbau in der Uhland-
straße (Nr. 5), — an kleineren dekorativen Werken
die Denkmäler für die im französischen Kriege gc-
fallenen Wiirttemberger aus dem Stuttgarter Friedhof,
dic Erinnerungstafel für die gefallenen Polytechniker
in der Aula dcr Anstalt, endlich das Grabmal der
Familie Sauters angehören. Jn allen diesen Arbeiten
bekundete Gnauth ein energisches Kompositionstaleiit
und einen wenn auch nicht ganz feinen, doch seiner
Effekte stets sicheren Sinn für das Detail. Seine nn-
mittelbarcn Vorbilder warcn hicrbei die Bautcn San-
micheli's und die gennesiscbcn Paläste der Hochrenaissanee
und des beginnenden Barocco. (S. Näheres hierüber
in der Zeitschrist Bd. X, S. 112 u. ff.) Auch aus
litterarischem Gebiete war Gnauth in jener Zeit thätig^
mit Br. Bucher gab er 1870—1875 unter dem Titel:
„Das Knnsthandwerk", eine überaus schätzbarc Sanim-
lung mustergUltiger kunstgewerblicher Erzeugnisse aller
Zeiten heraus. Jin Jahre 1876 übersiedelte er nach
München und wandte sich dort vorzugsweise der
Malerei und Entwürfen sürs Kunstgewerbe zu. Diese
letztere crfolgreiche Thätigkeit verschaffte ihm im Jahre
1877 nach Krelings Tod den Ruf als Vorstand der
 
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