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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0098

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183

Ausstellung in der Berliner Nntionalgalerie,

184

Schärfe in den Details ausgefiihrt sind. So hielt er
Hand und Auge in unablässiger Übung uud Sorge
um die Cinzelforui. Jene Studien sind mit Bleistift
gczeichnet und leicht augetuscht, und diese Techuik hat
er sein ganzes Leben hindurch für seine immer kompli-
zirter uud uiufaugreicher werdenden Architekturstudien
beibehalten.

Aus Graebs Landschafteu ist Karl Blechen, wel-
cher bis zu seinem Tode (1840) die Landschastsklasie der
Berliner Akademie leitete, nicht ohne Einfluß geblieben.
Blechens italienische Landschaften waren in der Ber-
liner Schule lange Zeit maßgebend für die Auffaffung
der südlichen Landschast, und die Art Blechens, nament-
lich sein breites, saftiges Kvlvrit, verleugnet sich auch
iu den Landschasten nicht, welche Graeb seit einer 1843
unternoinmenen Neise nach Jtalien schuf, nameutlich
iu dem „Blick auf Rom" (1846), in der „Ansicht von
Narni" (1850) und in der „Fontana Medina in
Neapel" (1853). Selbst in dem „Motiv aus der
Villa Bvrghese" (1858) siud diese Einflüsie nvch nicht
ganz geschwunden, obwohl Graeb damals schon Werke
vvn so vollkommener Selbständigkeit und Eigenart, wie
jene bereits erwähnte Partie aus dem Halberstädter
Dom, den „Kreuzgang iiu Doi» zu Regensburg"
l.1853) und die Wandgemälde im Parthenvnsaale des
N'enen Museums, vollendet hatte.

Graebs Architektnrstücke waren so gesucht, daß
nur eiu kleiner Teil derselbeu aus den akademischen
Kunstausstellungen figurireu konnte. Mehrere seiner
Hauptwerke gelaugen erst durch diese Ausstellung zur
Kenntnis des grvßeren Publikums, sv vor allen Dingen
„Die Gräber der Herzöge und Grafen zu Württem-
berg im Chor der Georgenkirche zu Tübingen" (1866),
ein Meisterwerk von reizvvllster Beleuchtung und von I
einer Gewisienhaftigkeit in der Wiedergabe der schein-
bar geringfügigsten Einzelheiten, daß man doch einen
hvhen Respekt vor dieser Leistung eines Modernen
bekommt. Auf gleicher Stufe stehen dann die „Grä-
ber der Familie ManSfeld iu dcr Andreaskirche zu
Eislebeu" (1860) und der „Lettner im Dvm zu
Halbersiadt" (1870), beide iiu Besitz der National-
galerie. Wcnn eine zweite Gruppe von Architektur-
stücke», zu denen die „Gräber der Scaliger zu Verona"
(1859), der „Chvrabschluß in der Frauenkirche zu
Halbersiadt" (1865), die Partie aus dcm Jnnern der
Frauenkirche iu Arnstadt (1871), das „Jnnere der
Basilika Sta. Maria in Torccllv bei Venedig" (1873),
die Ansichteu aus dem Luciusdom iu Chur (1874 und
1879), das „Jnuere der Synagvge in Prag" (1876),
die „Kanzeln im Dom zu Freiberg" (1878), das
„Motiv aus Kloster Lichtenthal in Baden" (1882)
u. a. m. gehören, nicht so imponirend wirkt, so liegt
dies nur im Motiv, nicht in der malcrischen Kraft,

welche sich ebensvsehr in der Darstellung des mit
reichen und prunkvollen Denkmälern geschmückten June-
rcn mächtiger Dome bewährt wie in der Schilderung
der Jnnenräume von bescheidenen, mit geheimnisvollein
Dämmerlicht ersüllten Klosterkirchen.

Wenn Graeb vorzugsweise das Jnnere vvn Goltes-
häusern zur Darstellung gebracht hat, so veranlaßte
ihn dazu nicht etwa eine Begrenzung seines Kvnnens,
sondcrn nur die Neigung für die Poesie des Lichtes,
welches nirgends so seierlich und nachdenklich stimiiit,
als wenn es um Altäre, Grabmäler, Kanzeln und ur-
alte Steinbilder spiclt. Was Graeb als Landschafts-
maler, namentlich in dcr Verbindung von Architcktur
und Landschast, vermochte, das hat er am reinsten
in jener Folge Vvn 94 Aguarellen ausgesprochen,
welche die llmgebung von Potsdam und Sanssouci
und Partien aus Charlottenburg und Schloß Stolzen-
fels am Rhein darstellen. Jn mehr als 250 Gemälden,
Studien unv Skizzen liegt hier ein reiches, harmo-
nisch ausklingendes Künstlerleben vor uns ansgebreitet.

Albert Berg ist als Landschaftsmaler niemals
über die scharfe und charaktervolle Darstellung der
Einzelform hinausgekommen. Ursprünglich für die
diplomatische Laufbahn bestimmt, konnte er nur ge-
legentlich Kunststudien bctreiben. Er brachte es auch
zu einer großen zeichnerischen Gewandtheit. Jn der
Aquarellmalerei und in der Öltechnik überwand er aber
niemals die Folgen mangclhaftcr Ausbildung. Es
war ihm vergönnt, weite Reisen zu machcn, nach Süd-
anierika, nach Kleinasieu und Rhodus, nach Japan und
China. Über diese Reisen hat er wisienschaftliche
Werke herausgegeben und mit eigenen Zeichnnngen
versehen, und diese Zeichuungen haben einen hohen
Wert für Natursorscher und Gelehrte. Jnsbesvndere
verdienen seine Aufnahmen lycischer Grabdenkmäler
ernstliche Beachtung. Von rein künstlerischen Gesichts-
puukten betrachtet ist die Bedeutung dieser höchst sauber
mit Feder, Bleistift oder Tusche ausgeführteu Zeich-
nungen jedoch keine sonderlich große.

Otlo Günthers Name ist erst in den letzten zehu
Jahren durch einige Genrebilder bekannt geworden,
die zwar etwas schwer und trllb in der Farbe, aler
sowohl durch den Gegenstand als auch durch die ein-
dringliche Charakteristik der Figuren und die Tiese dcr
Empfindung anziehend sind. „Der Witwcr" (1874,
Nationalgalerie), die „Streitenden Theologen" (1875,
städtisches Museum in Köln), „Jm Gefängnis" (1878,
Nationalgalerie), ein Geistlicher, welcher einer Ber-
brecherin ins Gewiffen redet, und die „Dorfrevolte"
(1881) sind diejenigen Werke, welche uns von GLn-
thers Können eine erfreuliche Borstellung geben. Was
sonst aus seinem Nachlaß ausgestellt ist, spricht für ein
unsichercs Schwanken zwischen verschiedenen Stoffge-
 
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