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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Nekrologe. — Kunsthistorisches.

2.st>


ermähnt haben, wsnn sie nicht nnter osfizieller Flagge als
„wissenschaftliche Abhandlung emer konigl. Realschule
erster Ordnung in die Welt gegangen ware. Ein derartiges
Vorkommnis ist betrübend und zeigt, was für wunderbare
Anschauungen über die Kunstgeschichte als Wissenschaft in den
Köpfen mancher Gebildeten immer noch herumspuken mögen.

8.8

Nekrologe.

Basttcil Levngc, in dem die Jmpressionisten seit
Manets Tode ihr Haupt verehrten und dessen am
10. Dez. zu Paris erfvlgten Tod wir schon kurz ge-
meldet, war am 1. Nov. 1848 iu Damvillers (Meuse-
Departement) als Sohn cinfacher Landlente geboren,
die ihn sür die Beamtenlaufbahn bestimmten, in der es
jedoch den sich fnr die Kunst begeisternden Jüngling
nicht lange litt. Während er nachts seinen Dienst bci
der Postverwaltung versah, eignete er sich tagsüber
im Atelier Cabanels das Technische der Malerei an,
ohne sich jedoch im geringsten durch Stil oder Mal-
weise seines Lehrers beeinfluffen zu lassen. Jm Gegen-
tcil war dem schlichten Bauernsohn alles künstlich Zn-
gestutzte zuwider. Er zeigte dies schon bei der ersten
Preisbewerbnng durch die Art, wie er das vorgeschrie-
bene Thcma „Die Engel huldigen dcm neugeborenen
Christkind" behandelte, mit dem er denn auch nnr
eiuen zweitcn Preis errang. 1873 stellte cr im Salon
das Bild „^.u. xrinkemps" ans, aber erst im folgenden
Jahr machte er sich dnrch seine „Olmnson äu printsmps"
und das Porträt seines Großvaters bemerklich. Von
da an stieg sein Ruf von Jahr zn Jahr; insbesondere
scine Bildnisse erwarben ihm nicht nnr Ruhm, sondern
bolen ihm auch die Mittel zum Lebensunterhalt. Denn
wenn auch seine größeren Kompositionen, deren Gegen-
stände er dnrchweg dem Landleben entnahm, Auf-
merksamkeit erregten und einen heftigen kritischen
Streit über seine Manier, bei vollcm, gleichverbreitetem
Licht zu malen, hervorriesen, sv zog der Künstler doch
wenig Gewinn daraus, da sich die Käufer für seine
naturalistischen Darstellungen nur spärlich cinfanden
und er hinwieder zu unabhängiger Gesinnung war,
um sich dem Geschmack des Publikums zn bcgucmen.

— Von seinen Bildnissen, in denen er cinigermaßen
an Clouets scharfe Charakteristik gemahnt, sind zu
uennen diejenigen des Senators Wallon (1875), Mr.
Hayems, des Journalisten Alb. Wolff, des Dichters
Ä. Theuriet, des Polizeipräfekteu Andrieux, Mme.
Drvuets, der greisen Freundin Viktvr Hugo's, Sarah
Bernards (1879), des Prinzen vvn Wales u. a. m.
Von seinen größeren Kompositivnen sind hervorzu-
hcben: Os. Oommuninnls (1875), I>es 8oins (1878),
I>n rsoolts äss ponnnss äs tsrres (1879), Jeanne
d'Arc (1880), als schlichtes Bauernmadchen dargestellt,
ivie sie im elterlichen Obstgartcn im Geäst der Bäume
die Visivn der Heiligen Michael und Katharina hat,

— ein Bild, das einen wahren Sturm von Lvb und
Tadel erweckte; I>s insnäiant (1881, abgebildet in der
Zeitschrift, 1881 S. 357), I>s büotisron (1882),
O'ninonr N.U villugs. — Lepage war deni Treiben der
Ehrgeizigen stets seru geblieben und hatte in ernster,
unablässiger Arbeit Besriedigung gefnnden. Seit zwei
Jahren von. dem Leiden ergriffcn, das ihn nnn dahin-
gerafst hat — einer krebsartigen Entartung der Unter-
leibSorgane —, war ihm in den letzten anderthalb

Jahren auch diese Befriedigung versagt und er thaten-
los ans Krankcnlager gefeffelt gewcsen.

0. v. bl

0. v. ü. Guglielmo Braghirolli, der verdienstvolle Kunst-
forscher, ist am 18. Nov. v. I. in seiner Vaterstadt Mantun,
wo er als Domherr und Seminardirektor wirkte, verstorbeu.
Bei dsn Freunden italienischer Kunstgeschichte steht er durch
dis wertvollen Beiträge zu derselben, die seinen Forschungen
im Archiv der Gonzaga in Mantua zu verdanken sind, i„
bestem Andenksn. Sie erstreckten sich über den Aufenthalt
und die Thätigkeit von Alberti, Fancelli, Perugino, Man-
tegna. Alsonso Lombardo, Nubens und anderen Künstlern
am Hose von Mantua, über die Lebensgeschichte Jsabelln's
v. Este, über die Kunstschätze des dortigen Domes u. a. m.,
sind zumeist in italienischen Fachzeitschristen (H.reliivio vsnoto,
^reliivio storieo italiauo, Oioinals <Ii eruäi/ivne artistiea),
vereinzelt auch in deutschsn (Repertorium sür Kunstwissen-
schast) und sranzösischen (llomallia) verösfentlicht worden.

O Ter sianzösische Bildhauer Ican-Marie-Antoiiic Idrac,
aus Toulouse gebürtig, ist ain 28. Dezember zu Paris i„,
35. Lebensjahre gestorben. Ein Schiiler von Guillaume,
Cavelier und Falguiere, erhielt er nach Erlangung des römi-
schen Preises sür die Statue eines „gestochenen AmorS" i»,
Salon von 1877 eine Medaille dritter und 1873 für die
Statue eines Merkur, welcher den Caduceus erfinbet, eine Me-
daille erster Klasse. Die Statue der karthagischen Schlangen-
beschwörerin Lalammbo, der Heldin des gleichnamigen Ro-
mans von Flaubert, brachte ihm 1882 das Kreuz der
Ehrenlegion und 1883 auf der Münchener internationalen
Kunstausstellung die einzige große Medaille ein, welche sür
Werke der Skulptur verliehen wurde. Ilnsere Leser haben sie
aus einer Abbildung im vorigen Jahrgange der „Zeitschrist"
kennen gelernt. ZÜlctzt war Jdrac mit einer Reiterstatue des
Etienne Marcel beschäftigt, welche vor dem Hotel-de-Ville m
Paris aufgestellt werden soll.

<Z Der Genrcmalcr Franz Wicschebrink ist am 13. Dez.
in Düsseldorf gestorben. Geboren 1818 in Burgsteinfurt,
bildete er sich auf der Diisseldorfer Akademie und malte an-
faugs religiöse Bilder, bis er Ende der vierzigsr Jahre mit
größerem Erfolge die Genremalerei zu kultiviren begann.
Seine gemütvollen Darftellungen aus dem Familienleben
fanden in den fünfziger und sechziger Jahren vielen Beifall.

Uunsthistorisches.

Dic Ausgrabuiigc» aus dcr Akropoli« von Athcn,
welche von dem Generalephoros der Zlltertiimer, Herrn
Stamatakis, geleitet werden, sind im verflossenen Herbst ohne
Ilnterbrechung fortgesetzt worden. Sie erstreckten sich, wie
der „Philolog. Wochenschrift" geschrieben wird, namentlich
auf die Propyläen und deren nächste Umgebung. Zunächst
hat man die nordwestliche Ecke der Akropolismauer, soweit
sie aus byzantinischer oder türkischer Zeit stammte, abgebro-
chen und so die Propyläen auch von der Nordseite freigelegt.
Die marmorne Nordwand der Pinakothek, welche teilweffe
bis ans Gebälk von einer häßlichen Bruchsteinmauer ver-
deckt war, ist jetzt wieder ganz sichtbar. Beim Abbruch der
Mauer sind etiva zehn Jnschriften, mehrere Skulpturfrag-
mente und einige Bauglieder zum Vorschein gekommen.
Ferner hat man die große Cisterne. welche die ganze Nord-
ostecke der Propyläen einnahm, fast vollständig fortgebroche»;
sie stammte aus sehr später Zeit, denn nicht nur römische
Jnschriften, sondern auch Fragmente von Skulpturen waren
in ihren Mauern verbaut. Schließlich hat Herr Stamatakis
noch an der Südwestseite der Propyläen beim Riketempel
einige spätere Mauern abbrechen lassen und dadurch konsta-
tirt, daß der Südflügel der Propyläen oder wenigstens seine
Westwand sich nach Süden weiter, als man bisher annahin,
nämlich bis an die Ringmauer ausdehnte. Die Frage nach
der Gestaltung des vielumstrittenen Südflügels, von welcher
man glaubte. daß sie durch das Bohnsche Werk über die
Propyläen endgültig beantwortet sei, ist dadurch wieder zn
einer offenen geworden. Die bisherigen Resultate der Aus-
grabungen machen es höchst wahrscheinlich, daß sowohl der
Südflügel als auch der Nordflügel der Propyläen nach
Westen und nicht nach dem Mittelbau zu mit Giebeln ge-
 
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