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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Kunstlitteratur und Kunsthandel. — Kunsthistorisches.

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keit eingerichteten Zimmcr sitzt eine mit Spitzenklöppeln
beschästigte junge Frau. Jhre Gcdanken sliegen über
ihre auf dcm Schoße liegende Arbeit hinaus, ihre
Hände ruhen und ihr Blick schweift in die Ferne,
während ihr Antlitz von häuslicher Zusriedenheit
strahlt. Neben ihr sitzt ein kleines Mädchen, ganz in
ihre Strickarbeit vcrtieft. Über den ganzen Naum
ist warmes Sonnenlicht ausgegosseu und verhilft ihm
und allem, was darin ist, zu wunderbar plastischer
Wirkung.

Emil Adam malte ein Porträt der dreizehn-
jährigen Gräfin Maria Hunyady zu Pferde, eine
äußerst anmutige halb kindlichc, halb jungfräuliche Er-
scheinung. Jm Hintergrunde des ungemein gefällig
angevrdneten Bildes sieht nian eine Partie der llm-
gebung vvn Balathon-Bereny am Plattensee, an dem
sich die Familie vor ein paar Jahren eine Villa gebaut.

K. Seiler, einer der ersten Kleinmeister der Ge-
genwart,brachtedrei kvstlichc Kabinetsbilder: „Poliliker",
„Amatenr" und „Schwicrigcr Fall" zu Ausstellung. So
einfach die Stoffe, so weiß dcr scinfühlige, mit seltcnem
koloristischen Talente begabteKünstler denselbendoch durch
völlige Durchgeistigung eine sesselnde Wirkung zu sichern.

Mathias Schmid arbeitet an eincm crgreifen-
den Bilde. Ein junger, bildsauberer Bursche aus dem
Paznaun hat sich im Montavon drüben eine srische
und ihrer Toilette nach wohlhabende Dirne als Braut
geholt. Das Kränzchen u»i ihren rcchten Oberarm
und der Strauß vor der Brust des „Buben" stellt die
Situation außer Zweisel. Sie sind aus dem Rück-
wege auf der Schneide des Zeynis-Joches angelangt,
wo frvminer Sinn cine klcinc Kapelle erbaut hat.
Bor ihneu ist da eine arme Dirne eingetroffen und
vvr Ermattung und Janimer, ein neugeborenes Kind
im Arm, znsammengebrvchcn. Der Steig ist so schmal,
daß die blühende, gliickliche Braut an die Ohnmächlige
dicht herantreten mußte, und eiu Blick auf ihren Bräuti-
gam sagte ihr, daß ihm das Mädchen und das Kind
nicht fremd sind. Nun steht sie in tieses Sinneu ver-
sunken, während scin scheu abgewandter Blick und das
Zerren seiner sieberhaft unruhigen Hand am Leder-
giirtel deutlich Len Sturm in seiner Seele erkcnnen läßt.

Jos.Wopsner, dem dasinder„Zeitschrift" abge-
bildete Bild „Versolgung von Wilberern" ungewöhnli-
chen Erfvlg einbrachte, hat den glücklichen Gedanken ge-
habt, zu jenem großen Bilde ein Seitenstück zu malen, in
welchem er dem Bcschauer den Kahn mit den Berfolgten
auf dem hochgehenden Chiemsee vorsührt, die sich, ihre
Jagdbeute, einen stattlichen Hirsch, neben sich, mit der
Krast der Verzweiflung in die Ruder legen.

Karl Albert Regnet.

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

Der Heidelbergcr Tchloßvercin, dessen Mitglieder-
zahl schon auf mehr als MM angewachsen ist, hat neuerdings
die Herausgabe einer Zeitschrift wieder aufgenoimneii, deren
crsleS Heft unter dem Titel: „Mitteilungen zur Geschichte
des Heidelberger Schlosses" (mit zwei Tafeln in Lichtdruck)
der am 17. Dezember v. I. in Heidelberg tagenden General-
versammlung des Vereins vorgelegt wurde. Es enthält ein
Vorwort, ein Klagegedicht „über die gesprengte Burg und
churfürstliche Residenz Heidelberg", dem Tiiesauiim xieturn-
ruin kalat. entnommen, aus dem Landesarchiv zu Karlsruhe.
Die beigefügten Tafeln werden hier zum erstenmal ver-
öffentlicht.

?.— Tas ungarischc Kunstgewcrbemuscum zu Budapcst
hat soeben einen vörtresslich ausgestatteten Katalog verkäuf-
licher galvanischer Älachbildungen von Silberschmiedearbeiten
herausgegeben. welche in der eigenen Werkstatt des Museuins
hergestellt sind: OataioKue üe» reproänetioiin Aulvano-
xjastiguss <Iu musee ües <irts äeoorat. bouKiois. Oeorites
xar L. Laäisios äe Lutas, exeoutvee äs Zl. 0.
llerpüa. Tie historische Goldschiniedeausstellung des Jahres
1884 bot zunächst die Veranlassung zur Einrichtung der
Werkstatt, sodann lieferte sie ein ganz außerordentlich
reiches Material, von dem nunmehr eine große Anzahl —
152 Stück — nachgebildet sind. Bei der AuSwahl der Gegcn-
stände waren (soweit Lie Besitzer überhaupt die Reproduktion
gestatteten) zwei Gesichtspunkte maßgebend: es sollten n„r
Stücke bester Qualität, weiter aber solche speziell ungarischer
Provenienz nachgebildet werden. Es ist früher (Kunst-
chronik XIX S5) darauf hingewiesen, daß llngarn eine Anzahl
eigentümlicher Gerätsormen besitzt, welche aus diese Weise be-
kannt werden. Der Katalog bringt eine große Anzahl Stücke
in Abbildungen, so daß er auch dadurch von Jnteresse jst.
Die Marken ic. sind gleichfalls in Facsimile gegeben. Die
Gegenstände selbst reichen von „prähistorischer" Zeit durch
die römische Periode bis ins 18. Jahrhundert; eine besondere
Gruppe bildet derGoldsund vonNagy-Szent-Miklüs, von desse,,
Lauptsliicken bereits srüher Reproduktionen von Haas j„
Wien angefertigt waren. Die Qualitüt der Galvano's ent-
zieht sich bis jeht meinem Urteil; die Proben, die ich ini
Frühjahr 1884 in Budapest sah, versprachen alles Gute. Jeden-
salls finden Schulen und Sainmlungen hier ein reiches Mate-
rial, dem wir weiteste Verbreitung wünschen.

Runsthistorisches.

,*» Ubcr die Ausgrabuiigcn auf der Akropolis von Athe»
wird der Berliner philologischen Wochenschrift berichtet, daß
bei Freilegung der Fundamente der Propyläen eine Anzahl
alter Geisa aus Poros gefunden wurden, welche bei Erbau-
ung der Propylüen im 5. Jahrh. v. Chr. in die Fundamente
hineingebaut worden sind. Einige derselben sind tadellos er-
halten und zeigen ihre frühere Bemalung fast in voller Leb-
haftigkeil. Die angewendeten Farben sind blau, rot und
gelb. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese
Geisa den älteren Propylüen angehörten, welche von Mne-
sikles bei Errichtung des stattlichen Marmorbaues abge-
brochen wurden. Dies ist ein weiteres Beispiel für das
schon mehrfach beobachtete Versahren der Griechen. daß sst
bei einem Neubau die Bausteine des älteren Baues ohne jede
Bearbeitung zur Fundamentirung verwendsten. Durch dei,
Abbruch der mittelalterlichen Baureste, welche noch oben auf
den Marmorwünden der Propyläen erhalten waren, hat sich
ferner gezeigt, daß die beiden von Bohn in seinem Werke
über die Propylüen angenonimenen Giebel der beiden west-
lichsn Flügelbauten nicht existirt haben. Die Geisa, aus
welchen Bohn auf die Existenz der Giebel geschlossen hat,
waren die Abschlußgesimse der südlichen Wand des Süd-
flügels. Ter öftliche Teil dieses Gesimses lag, den Dachfirst
bildend, horizontal auf der Südwand, der westliche lief, der
Tachneigung entsprechend, zum Hauptgesimse herab. Die
beiden westlichen Flügel der Propyläen waren also mit
Walmdächsrn versehen, und zwar halte der vielumstrittene
Südflügel im Norden und Westen ein horizontales Trauf-
geison, im Süden dagegen ein gebrochenes, der Dachlinie
folgendes Gesimse. Diese durch die aufgefundenen Baustsine
vollkommen gesicherte Anordnung ist einfacher als die bisher
 
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