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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Die Ausstellung zu Gunsten der notleidenden Spanier im Münchener Kunstverein
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Die Nusstellung zu Gunsten der notleidendcn Spanier im Münchener Kunstverein.

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weise noch ganz uiiverfälschteii Urmexikcinertum haben
nichts davon zu genießen bekoinnien.

Dariiber ließen sich gcir viele Lamentationen an-
heben! wie cs niit den BcsiichSstnndcn nnsercr Miiseen,
unsercr Bibliotheken, deS, ach fiir erfindende Kiinstler
so unentbehrlichen Kupfcrstichkabinets aussieht und wie
dennoch inimcr in die Welt hinausposaunt wird von
dem Glanz und Ruhnie, der Monachia's Stirne um-
strahle. Doch genug Lavon! Hierfür sindet sich ja
auch noch ein andcrmal Gelegenheit, nnd aufgeschoben
ist nicht aufgehoben.

Es war cine internationale Ausstellung; zwar
bloß 85 Nummern (da das ausgiebigc Kanonensutter
sehlte), aber gut ansgewählt und gut aufgestellt, zum
Teil aus Privatbesitz (24 Nummern allein aus dem
Besitze I. K. H. der Frau Prinzeffin Ludwig Ferdinand
von Bayern), zum Teil aus renonimirten Kunsthand-
lungen, viele aus des arrangirenden Künstlers eigener
Sainmlnng; das Ganze lieferte den Beweis, daß man
schon etwas Gutcs zusaninicnbringen kann, wenn man
cs eben richtig und ohne allzuvicle Phrascn aufaßt und
durchführt. Fllr vicle regelmäßige Kunstvereinsbesucher

. ^ . -

mag's ja Kaviar gcwcscn sein, doch was thnt das zur
Sache, sie sind's ja auch nicht, die Münchens Künstler
nähren.

Die Historie im großen Stil, räumlich wie der
Tendcnz nach, War gar nicht vertretcn! Keine totcn
Franzvsen, keinc krcpirenden Granaten, nielit cinnial
ein zerschvffenes Kalbsfell; cin einzelner sranzvsischer
Tambour von Grolleron in Paris, dann eine Ge-
scchtsseene in Aquarell von R. Tejero und cine
Nekrutenaushebung, ebensalls in Aguarell und von
ebendemsclben (eincm Spanier), das war alles, was in
diescr Hinsicht gcfundcn werdcu konnte. Sonst Friede,
eitel Friede.

Dafür nun aber cin paar Figurcnbilder von
Holmberg, von Dietz, von Albert Keller, Klaus
Meyer, Gab. Max, Pradilla, wie sie beffer in
München nic gesehen wurden, — der genialen Leistungen
cines Garrido (in Madrid) nicht zu vergeffen, —
Landschastsbilver, nicht metcrgroß, ncin, abcr groß und
schön in der Auffaffung von Rousseau, Troyon,
Duprö, Corot, Breton, Diaz, Lier und cinige
treffliche Stiicke von Heffner selbst, Porträtstndien
von Lenbacb, cine gcniale Skizze von Makart u. a. m.

llnter den sigürlichen Sachen stand, wcnn ich der
räumlichen Ausdehnung nach gehen soll, obenan eine
„Büßende Magdalena" von James Bertrand in
Paris (Eigentum von K. Heffner). Abweichend voni
Typus, der sür die Darstellung diescs Siijets seit dcm
Cinguecento galt, zeigt uns das Bild einen weiblichen
Akt, dcr allerdings mcistcrhast gezeichnet und modellirt
ist, die Spuren der Askese bereits in dcn nicht mchr

ganz vollen Formen ersehcn und dabei doch den früher
vollendet schönen Körper ahnen läßt. G. M ax („Be-
kehrung") zcigt in schlichtcr, abcr großcr Weise die
Scene, wie ein junges, im Gefängnis sitzendes Weib,
das durch cin am Halse hängcndes Kreuz als Christin
charakterisirt ist, drei Männern, dic offenbar über die
vorgesllhrten schlagenden Gründe betroffcu sind, ihr
Glaubensbekenntnis in überzeugender Sprache darlegt.
Einsachheit in der Wahl dcr angewandten Mittel ivar
von jeher eine der starken Seiten des Kiinstlers, die
er hier wiederholt mit klarcm Wollen zum Ausdrucke
gebracht hat. Antipodisch im Stoff, nicht aber in der
Art des Vortrags, zu den zwei angeführten Werken
verhält sich das Bild von W. H. Bartlctt in London,
„Wäscherinnen" betilelt. Aus einer Wiese ani hügeli-
gcn MeereSstrand lcgcn eiuige Frauen Wäsche znin
Trockncn ins Gras, darunter sieht man die grau
schillernden Dächer eines Fischcrdorfes und über dicse
hinaus schmeist dcr Blick auf die uueudliche Sce, die
flimmeriid, Len Silbcrton des Himmcls widerspiegelnd,
sich cndlos hindehnt. Tcr Luftton des Ganzcn hat
etwas ungemein angenehm Berührendes, ohne Härtcn,
ohne jenes oft karikaturenhafte Hereinziehen unschöner
Seiten, wie wir sie bei manchcn unserer Realisten zu
sehen gewohnt sind.

Durchweg nobel in Ton und Zeichuuiig, ohne
irgendwelche „malerische Zufälligkeit", die nicht dem
bestimmt charakterisirenden Willen des KUnstlers ihre
Existenz verdankt, sind die Bilder von Holmberg iu
München, der sich im Porträt, im Stillleben, in Archi-
tektur- und Figurenmalerei (er stellte vier Bilder aus)
als cineu durchweg tüchtigen KUnstler hier wiederum
dokumcntirt. Albert Keller in Müuchen ist durch zwci
Leistungen vcrtrctcn, Vvn dencu die eine, eine Dame
in blaßblauem Klcide auf einer echt türkischen Otto-
mane, ein Meisterwerk ist. All die krästigen, unge-
brochenen Farben dcr Palctte stehen hier uumittelbar
nebeneinander, sind aber mit einem geradezu fabclhasteu
Geschick so vereinigt, Laß nirgends die Präponderanz
dieses oder jenes Tones scharf hervortritt. Fein in dcr
Stimmung, dabei flott in der Zeichnung wie immer,
ist Wilhelm Dictz iu seinem „Bauerntanz". llnd nun
zwei Spanier, Garrido in Madrid und Pradilla
in Rom, ersterer durch sünf, letzterer durch drei Bilder
vertreten. Mit welcher Leichtigkeit sind da die Formen
bcmeistert, die brennendstcn Farben ncbeneinander ge-
setzt, veritable Farbenbouquets in des Wortes bester
Bedeutung, ohnc jegliche Zimpcrlichkcit und Ängstlich-
kcit, — Lcistungen, die ein ganz enormes Könncn vor-
auSsetzen und in der Heiterkeit ihres Wesens manches
ganz tüchtige, aber in der Behandlung noch unfreic
Nachbarbild gänzlich in Scbattcn stellcn. Klaus Mcyer
zeigt eincn lesendcn Mönch, eiu Bild vvll Nuhc, cin-
 
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