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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Rudolf von Eitelberger
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Die neue "Galleria dei Gobelins" im Vatikan
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0242

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471

Die neue „Galleria dei Gobelins" im Vatikan

472

durch Herausgabe von Quellenwerken und Muster-
büchern, durch Zeitschristcn und Broschüren das Ge-
triebe der Anstalt in unablässiger Frische und stkahrung
erhalten. Dic Erfolge sind in aller Welt bekannt.
Nicht nur die Kunstindustrie, sondern die gesamte Kunst
Österreichs, vornehmlich die Baukunst, haben einen
Bliitenstand erreicht, welchen niemand auf dem dürren
Boden der Metternichschen Staatsverwaltung sür mög-
lich gehalten hätte. Deni Museum gebührt daran sein
voller Ruhmesanteil

Über ein Decennium lang hat Eitelberger außcr
sciner Wirksamkeit am Osterrcichischen Museum uud
als ordentlicher Professor der Kunstgeschichte an der
Wiener Universität auch die Stelle eincs Beirates sllr
Kunstangelcgenheiten im Unterrichtsministerium bc-
kleidet. Es giebt kaum ein Arbeitsfeld in diesem hoch-
wichtigen Ressort, in dem er nicht aufklärend, fördernd,
heilsam gewirkt hätte: von den Aufgabcn der höchstcn
Kunstinstilute angefangen bis zu den Anforderungen
der letzten Fachschulen in den Thälern Böhmens und
Tirols, von den großen monumentalcn Schöpfungen
bis zu dcn mannigfachcn Leistungen des Kunstgewerbes,
von der Entschcidung übcr grundlegende Prinzipien
der Organisation biö zu dcn kleinsten Persvnalfragen.

Man hat es mit Recht vft lebhast beklagt, daß
dem politisch und national zerklllfteten Österreich auch
auf dem Gebiete der Kunstpflege Lie einheitliche Lcitung
und daher die nötige Wucht fehle, um es anderen
Staaten gleich zu thun. Jn Rudolf von Eitelberger
war ein lebendigcr Ersatz sür diesen sehr beklagens-
wcrten Mangel der Organisation vorhanden. Nun
ist cr dahin, sriihcr dahin, als es jeder wahre Freund
der Kunst und des Vaterlandes wünschen mußte.

I^.

Die neue „Galleria dei Gobelins" im Vatikan.

Papst Leo XIII. hat aus den Vorratsräumen
der sog. Flavcria im Vatikan eine Anzahl kostbarer
Gvbelins ans Licht gezogen, die insolge der vcränderten
Verhältnisie nicht mehr zur Berwendung kamen, wie
es srüher bei den großen Kirchenfesten der Fall war,
und daher gänzlich dem Blick verborgen blieben.
Die Wiederverwcndung dieser hochbedeutendcn Bild-
wirkereien erfolgte nun in einer Weise, dic für den
großen Sinn, womit man die Sache erfaßte, ebenso-
wohl Zeugnis ablegt, als sie in allgcmein künstlerischer
Hinsicht von Bedeutung ist. Es wurden zur Aus-
stellung nämlich Räume gewählt, die zu dem sog.
uppartimsnto ItorAig. gchörig an dcr südlichen Schmal-
seitc dcs Vatikans liegen und dem Papstc und dcr
Prälatur als Versammlungsorte dienen, wenn kirch-
liche Funktioncn in der Sirtina stattsinden. Zwei

dieser Räume besaßen seither schon vollständige Aus-
kleidung mit Bildwirkereien; in zwei folgcnden großen
Sälen ist nun die jetzt erhobene Folge von Gobelins
angebracht worden, so daß Lie Reihe der vier anein-
l anderstoßenden, mit bildnerischem und malerischem
. Schmuck reich ausgestatteten Säle des Borgianischen
^ Flügels in der That als eine neue Galerie sür
^ Bildwirkereien erscheint. Der erste Raum, der den
Durchgang zur Scala Urbana bildct, ist ein lang-
gestreckler Saal mit reicker Stuckdecke, deren Lllnetten
Schiiler von Marco di Fasnza geschmiickt habcn. Hier
sind ällcre und neuere Erzeugnisie der Bildwirkcrei
schon seit längerer Zeit vereinigt. Jm folgenden
kleineren Raum sind vicr Gobelins aus neuester Zeit
angcbracht. Den beiden anderen, durch Größe und
künstlerische Ausstattung hervorragenden Sälen dienen
die neuerdings verwendeten Prachtgewebe zum Schmuck.
Dieselben entstammen dcr Pariser Gobelin-Manusak-
tur und gchören zu deren vollendetsten Leistungen aus
dcr Zeit Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. Jm ganzen
sind es siebcn Stiick; eines dersclben ist durch Papst
Leo XIII. neuestens dem Vatikan erworben worden,
während die anderen Geschenke der genannten Fürsten
an den päpstlichen Hof waren. Bier derselben werden
auf De Troy und Jean Restout den Jüngeren zurllck-
gefllhrt und ein Stück wird im Entwurf Le Brun zu-
geschrieben. Durchweg sind dieselben von seltener
Größe und außerordenllichem Figurcnrcichtum. Fiiuf
^ stellen biblische Gegenstänve dar: „Susanna mit den
Richtern"; „Das Urteil Salomo's"; „Esthcr vor
Asiyrus"; „Joseph mit seinen Brlldern" und „Die
! Taufe Christi". Von hohem geschichtlichen Jnteresie
sind die beiden der Verherrlichung Ludwigs XIV. ge-
widmeten Stücke, die Darstellung sciner Vermählung
mit der spanischen Jnfantin und die berühmte Audienz
Les spanischen Gesandten vor dem König, welche die
, Anerkennung seines Vorranges vor allen anderen Fürst-
lichkeiten verewigen sollte. Die glänzend angeordnete
Scene ist das Werk von Le Brun. Durch seine künst-
lerische Vollendung schließt sich würdig ein in einem
Rahmen von Grotesken gefaßtes Bildnis des Kardi-
nals Fleury an. Die hohen Saalthürcn sind mit
äußerst wertvollen Behängen verschlosien; das eine
Paar stellt mythologische Gegenstände dar: Neptun
und Diana; das zweitc Paar zeigt das französische
Königswappen in reicher Umrahmung von Claude
Audran.

Mit der Eröffnung der neuen Gobelin-Galerie
in Verbindung steht ein auf Veranlasiung und Kosten
des Papstes hergestelltes Werk von dem Prälaten
David Farabulini, das, in der Druckerei des Vatikans
hergestellt, jüngst an die Kardinäle und Bevorzugte
vergeben ward. Dasselbe behandelt im ersten Teil die
 
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